Berlin hat neue Sexworker-Initiative

SWAG will mit Aktionswoche Gleichgesinnte vereinen und gemeinsam gegen Belästigung, Stigma, Ausbeutung und Arbeitsverbot kämpfen

Seit kurzem ist sie da, im Netz und auf Sozial Media – eine neue Gruppe von Berliner Aktivist_innen, die sich selber SWAG (Sex Worker Action Group) nennt. Ihr Ziel: in Sicherheit und frei von Belästigung und Ausbeutung arbeiten zu können. D.h. sie fordern das Ende der Kriminalisierung und des Hurenstigmas – ganz im Sinne der modernen Sexarbeiterrechtsbewegung.

Aber braucht die Bewegung denn noch eine Initiative. An sich ja, denn umso breiter man aufgestellt ist desto mehr potentielles Gehör wird in der Öffentlichkeit verschaft. Doch ob SWAG ein zusätzliches Bindeglied in der zugegeben oftmals brüchigen Kette der Vereinigungen und Verbände sein wird… ungewiss. So will die Initiative möglichst viele Menschen aus der Community und soviele Verbündete wie möglich zusammenbringen und auf deren Social-Media-Kanälen zusammenführen. Aber wenn eine noch unbekannte Gruppe von Aktionist_innen dafür wirbt ihre Kanäle als öffentlichkeitswirksamen und vernetzenden Multiplikator zur Verfügung zu stellen, da habe ich einige Zweifel an der Wirksamkeit. Wenn jetzt der BESD oder eine große themenübergreifende Frauenrechtsorganisation sagt: „kommt, wir wollen alle über unsere Kanäle vernetzen…“ Außerdem ist das ja genau das Prinzip eines Interessenverbandes. Also wofür jetzt die SWAG?

Ein Gedanke: die Vereine, Beratungsstellen und regionalen Gruppen sind sich nicht immer grün, ziehen teilweise nicht am selben Strang. Unbestritten, das Thema Sexarbeit ist heikel und wegen seiner Vielschichtigkeit und Komplexität nicht mal so eben einhellig abgearbeitet. Und genau das führt häufiger als es gut tut zu Streitigkeiten. Ist das also der Grund, warum Berlin nun eine weitere „Actionsgruppe“ hat?

Des Weiteren steht auf deren Webseite „Wir sind unabhängig und nicht hierarchisch organisiert, um konkrete Ereignisse und Aktionen zu schaffen.“ Meine Zweifel wachsen. Der Ansatz, mit allen Mitstreitern auf Augenhöhe zu sein, gleichberechtigte Entscheidungsbefugnisse zu haben etc. in allen Ehren. Nur wird das nicht funktionieren. Jedenfalls nicht in einem längerfristigen und überregionalen Kontext. Also kaum, wenn man bei SWAG das mittelfristige Ziel einer mindestens bundesweiten Entkriminalisierung und -stigmatisierung im gesellschaftspolitischen und parlamentarischen Rahmen vor Augen hat. Hierarchie heißt ja heute gerade nicht mehr fehlende Mitwirkungs- oder -bestimmungsmöglichkeiten – insbesondere wenn man den Begriff mit „Führung“ übersetzt. Wenn sich also die Leute von SWAG eine übergreifende Vernetzung aus der Sexarbeiterrechtsbewegung wünschen, dann geht das gerade nicht ohne Führung.

Aber lassen wir uns doch eines Besseren belehren. Vom 31. August bis zum 7. September steht eine Sexarbeitenden Aktionswoche bevor:

„Wir, die Sex Work Action Group Berlin, rufen auf zur tatkräftigen Unterstützung durch die bunte Vielfalt unserer Bewegung und ihrer Verbündeten. Tragt bei zur Aktionswoche, 31 August-7 September, um Stigma zu bekämpfen und uns gegen die Gesetze zu wehren, die unseren Körpern aufgezwungen werden! […] Der große Abschluss der Aktionswoche ist die Demo am 07. September.“

Hier kann sich die SWAG gleich einmal bewähren und zeigen, dass sie keine ideelle Eintagsfliege ist.

Die SWAG im Netz

Website: https://swactionweek.wixsite.com/website

facebook: SW Action Week

twitter: @swag_berlin

instagram: @swactionweek

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