Bordelle im Wohnzimmer: MDR deckt auf … oder auch nicht

„Exakt – Die Story“ beschäftigt sich mit Wohnungsprostitution

Gestern Abend lief im MDR-Fernsehen wieder die Sendung „Exakt – Die Story“, diesmal mit dem Thema „Bordelle im Wohnzimmer“. In der Programmankündigung heißt es u.a.: „400.000 Frauen bieten schätzungsweise in Deutschland als Huren, Prostituierte und Sexarbeiterinnen ihre Dienste an. 1,2 Millionen Männer sind täglich auf der Suche nach käuflichem Sex und bescheren dem Gewerbe einen Jahresumsatz von ca. 12,5 Milliarden Euro. Deutschland gilt in Europa als das liberalste Land in puncto Prostitution und lockt Sextouristen aus aller Welt in die Bordelle, Sauna- und FKK-Clubs mit niedrigen Preisen und immer mehr Angeboten.“

Mein erster Gedanke war: „Och nöö, wieder Klischee-Befürworter am Werk“. Dann hab ich die Sendung gesehen und mir gedacht: „Häääh? Was wollten mir die Macher jetzt sagen?“ Nach 30-minütiger Sendung und einem Meinungs-Auf-und-Ab steht man doch etwas konfus da.

Ein „kurzer“ Überblick:

Für die Reportage für den Mitteldeutschen Rundfunk waren die Exakt-Redakteure Gabriele Jenk und Christoph Wittmann in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Türingen unterwegs. Für „Bordelle im Wohnzimmer“ wollten sie die Wohnungsprostitution durchleuchten und sprachen dazu u.a. mit verschiedenen Sexarbeiterinnen, mit Justiz und Polizei.

Die Sendung fängt schlecht an. Denn mit den oben zitierten sowie einigen weiteren Aussagen bedient man sich gängigen Falschbehauptungen, Halbwahrheiten, Klischees und Verallgemeinerungen. Bisher also Boulevardcharakter. Der runtergerasselte Text der Moderatorin wird nicht besser. Da heißts es: „So genannte Wohnzimmerpuffs schießen wie Pilze aus dem Boden. Warum kann sich das Rotlichtmilieu in Kleinstädten so ungehindert ausbreiten, was kann man gegen die unliebsamen Nachbarn tun?“

Dann wird es interessant. Nach dieser doch eher negativen Grundhaltung werden Prostituierte, die in Privatwohnungen anschaffen oder es in der Vergangenheit taten, interviewt. Man spricht mit Vermietern, einer Domina und auch mit der bekannten Rechtsanwältin Margarethe von Galen. Und alle Gespräche zeigen dem Zuschauer, dass es im Rotlichtgewerbe sehr emanzipierte Frauen gibt, die ihrer Arbeit selbständig, krankenversichert, freiwillig und legal nachgehen. Dass der offensichtlich größere Teil des Gewerbes eben nicht kriminell ist. Es werden einige Argumente gebracht, die zeigen, dass Wohnungsprostitution doch einige Vorteile für Freier und Huren bietet.

Das Prostitutionsgesetz und die Legalisierung der Sexarbeit sei also notwendig gewesen und habe trotz einiger noch vorhandener Mängel durchaus positive Erfolge erzielen können. Unterstützung erhält dieser Standpunkt dann auch durch Aussagen von Margarethe von Galen.

Und an diesem Punkt wird die Sendung suspekt. Anfänglich eher reißerisch wird dann weitgehende Pro-Legalisierung argumentiert. Aber immer wieder tauchen zwischendrin Kommentare oder Behauptungen von Seiten der Off-Stimme auf, die versuchen, die Prostitution schlecht dastehen zu lassen. Damit meine ich nicht das Gespräch mit der ehemaligen und nun untergetauchten Zwangsprostituierten. Klar, solche Leidensgeschichten wirken sich stark auf die Meinungsbildung des zuschauers aus. Ob dieser „Präzedenzfall“ aber nun in diesen Beitrag hinein gehört oder nicht, soll jetzt gar nicht erörtert werden. Zurück zum Geschwurbel. Hier einige Beispiele:

a) Erst wird bei den Wohnungsprostituierten explizit der nicht gerade geringe Mitpreis hervorgehoben und dann folgt die Aussage: „nach drei Stunden immer noch nichts verdient!“ Die Frauen werden nichts tuend und hoffnungsvoll auf wenigstens einen Freier wartend gefilmt. Dass die Uhr auf nachmittags um zwei steht, wo natürlich kein Kundenansturm zu erwarten ist, bleibt unkommentiert. Hier hat es den Anschein als wollte die Redaktion die Huren auf Teufel komm raus, egal wie, wenigstens ein klein wenig als Opfer eines unbarmherzigen Gewerbes darstellen.

b) Mindestens zweimal – zur Erinnerung, das Thema heißt „Bordelle im Wohnzimmer“ – wird dem Zuschauer mit schwurbeligen, ganz nebenbei fallen gelassenen Aussagen eingetrichtert, in Deutschland bestünde die Rotlicht-Landschaft nur noch aus Flatrate-Bordellen.

c) Es wird ohne Belege behauptet, über 80 Prozent der Huren in Deutschland kämen aus dem Ausland. Das würde ja bedeuten, dass laut obiger Angabe über 320.000 ausländische Frauen hier anschaffen gehen. Was ein Schmarrn .

d) Nach dem ein kleiner Abstecher in einen Vorzeige-FKK-Club gemacht wird, folgt diese Aussage: „was hier dann wirklich passiert interessiert wie bei den Wohnzimmerbordellen weder Betreiber noch Gesetzgeber.“ Haäh??? Warum sollte es denn auch die Behörden interessieren? Wer will denn wissen, welche Stellung am häufigsten gewählt wird und was der Inhalt der Gespräche ist oder was auch immer? Diese Aussage ist ja sowas von Quatsch. Hauptsache es wird gesagt, dies und das interessiert leider den Gesetzgeber wenig, womit dann der Anschein erweckt wird, irgendwer oder irgendwas wird hier bewusst vernachlässigt.

e) Nachdem die Redakteure es mit den Interviews und Gesprächen nicht geschafft haben, die Wohnungsprostitution schlecht dastehen zu lassen, muss ja noch die obligatorische, besorgte Anwohnerin zu Wort kommen. Und jetzt wird es weltmeisterlich!!! Die Frau sagt wörtlich: „Also man merkt, die Männer kommen, es wird das Fenster zugemacht. Wenn die Männer wieder gehen, wird das Fenster wieder aufgemacht und man hört auch die Dusche. Ich finde dass hier etwas gemacht werden muss, weil ich finde das nicht in Ordnung, dass das so in nem Wohnbereich passiert. In Bauzen ist Prostitution sowieso nicht erlaubt.“

Ich will hier ja niemanden beschämen, aber bei diesen Sätzen habe ich mich halb tot gelacht. Soll das ein vernünftiges Argument gegen Prostitution sein?

f) Zurück zur Inhaltsbeschreibung der Sendung auf mdr.de. Hier wird auch die Anwältin von Galen zitiert. Allerdings wird der erste Teil ihrer Aussage weggelassen, woraus die Aussage eine ganz andere bzw. zum Teil etwas unverständliche Bedeutung als im Interview erhält. War das Absicht oder Unfähigkeit?

g) Achja, und das Schlusswort der Reportage lautet: „Die Legalisierung hat vielen Sexarbeiterinnen, die wir trafen, geholfen. Gleichzeitig sind unkontrollierbare Grauzonen entstanden, mit einer hohen Kriminalitätsdunkelziffer.“ Wo kommt denn jetzt plötzlich diese ominöse „Kriminalitätsdunkelziffer“ her? Achso, na klar: Das letzte Wort muss natürlich abschrecken und das Gewerbe verurteilt werden.

Wie gesagt, die Reportage verstehe ich nicht. Die Interviews – und daran können auch die zu Wort kommenden Polizeisprecher, welche beinahe ausschließlich konstruktive Kritik äußern (ein kleines Lob), nichts ändern – vermitteln ein modernes, entmystifizierendes und emanzipiertes Bild der Prostitution. Auch der Fall der Zwangsprostituierten ändert daran wenig, denn wie oft hervorgehoben liegen die Ursachen für Menschenhandel und Zwangsprostitution nicht in der Legalisierung des Gewerbes hierzulande. Aber dennoch versuchen es hier die MDR-Fernsehmacher immer wieder mit unterschwelligen oder sogar kuriosen Behauptungen und Aussagen ihre eigenen Ergebnisse zu negativieren bzw. zu widerlegen.

„Exakt – Die Story“ oder: Ein Geschichte, die nicht weiß was sie will.

Die Sendung ist übrigens noch in der MDR-Mediathek zu sehen.

rmv

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