Bundestag beschlieĂźt Prostituiertenschutzgesetz

Bundestag im Reichstag in Berlin

Der Bundestag hat am gestrigen Donnerstag (07.07.2016) in der 2. und 3. Lesung das sogenannte „Gesetz zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen“ (Drucksache 18/8556) beschlossen.

Ich bin tatsächlich etwas fassungslos, auch wenn es zu erwarten war. Aber immerhin wurde dieses angebliche Prostituietrenschutzgesetz von so vielen Stellen kritisiert und hinterfragt. So hatten zuletzt sogar die BundestagsausschĂĽsse den Gesetzentwurf förmlich zerrissen. Anfang Juni ludt der Familienausschuss des Bundestages zur öffentlichen Anhörung. Auch dort machte der ĂĽberwiegende Teil der Sachverständigen auf die Unzulänglichkeiten und Gefahren des Gesetzes aufmerksam.

Aber alles blieb ungehört. Keine Beachtung der Argumente hinsichtlich der Verletzung von Grund- und Menschenrechten oder der zu erwartenden Stigmatisierung und Kriminalisierung der Sexworker. Keine RĂĽcksichtnahme auf den zu erwartenden, enormen BĂĽrokratieaufwand. Das Wort etlicher Fachberatungsstellen, Gesundheitsämter, Vereine und Verbände, NGO, Experten und und und … hat scheinbar keinen Wert.

Mit einem enormen Starrsinn und einer Lernresistenz, die ihresgleichen sucht, hat der Bundestag nun dieses unsägliche Gesetz auf den Weg gebracht. Allen voran stehen Wegbereiter wie die Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) oder die Bundestagsabgeordneten Nadine Schön, Sylvia Pantel und Marcus Weinberg (alle drei CDU).

Das Bildungsministerium hat auch gleich die entsprechende verklärende Pressemitteilung publiziert. Darin heißt es:

„Erstmals rechtliche Rahmenbedingungen für die legale Prostitution und für den Schutz von Frauen geschaffen

Der Deutsche Bundestag hat heute (Donnerstag) in 2. und 3. Lesung das Gesetz zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen (Prostituiertenschutzgesetz) beschlossen.

Damit werden erstmals in Deutschland rechtliche Rahmenbedingungen für die legale Prostitution eingeführt. Gemeinsam mit dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz seiner Opfer wird damit die Grundlage geschaffen, Kriminalität und gefährliche Erscheinungsformen in der Prostitution zu verdrängen und menschenwürdige Arbeitsbedingungen zu schaffen.

Bundesfrauenministerin Manuela Schwesig: „Prostituierte waren lange nicht ausreichend geschützt. Weder vor Zwangsprostitution und Menschenhandel, noch vor ausbeuterischen und menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen. Ich freue mich, dass sich das nach intensiven Verhandlungen zwischen den Koalitionsfraktionen nun ändert. Mit dem Gesetz wird es erstmals verbindliche und einheitliche Regelungen für die legale Prostitution in Deutschland geben. Ich bin davon überzeugt, dass dies die Situation von Prostituierten langfristig verbessern wird. Denn mit dem Gesetz stärken wir die Grundrechte von Prostituierten auf sexuelle Selbstbestimmung, persönliche Freiheit, körperliche Unversehrtheit und auf Gleichbehandlung.“

Die zwei Säulen des Gesetzes:

1. Die Regulierung des Prostitutionsgewerbes

Erstes Kernelement des Gesetzes ist die EinfĂĽhrung einer Erlaubnispflicht fĂĽr das Prostitutionsgewerbe. Der Erlaubnispflicht unterliegen nicht nur Bordelle, sondern alle bekannten Erscheinungsformen gewerblicher Prostitution, vom Escortservice ĂĽber Wohnungsprostitution bis zur StraĂźenprostitution.
Betreiberinnen und Betreiber müssen sich im Rahmen des Erlaubnisverfahrens einer persönlichen Zuverlässigkeitsprüfung unterziehen. Auch müssen sie künftig ein Betriebskonzept erstellen, in dem sie Vorkehrungen für die Sicherheit und Gesundheit im Betrieb darlegen, und die gesetzlich vorgeschriebenen Mindestanforderungen an die Ausstattung der Betriebsräume einhalten. Mit der Einführung verbindlicher Mindeststandards für Prostitutionsstätten werden die Arbeitsbedingungen vor Ort verbessert. Betreibende werden stärker in die Verantwortung genommen und müssen bei Gesetzesverstößen mit empfindlichen Sanktionen rechnen.

„Dadurch wird sichergestellt, dass zum Beispiel ein vorbestrafter Menschenhändler kein Bordell mehr betreiben darf. Auch menschenunwürdige, ausbeuterische Betriebskonzepte, wie z.B. Flatrate-Bordelle, erhalten keine Erlaubnis“, so Bundesministerin Schwesig.

2. Den Schutz der in der Prostitution tätigen Personen

Mit der Einführung einer Pflicht zur regelmäßigen Anmeldung und gesundheitlichen Beratung wird langfristig sichergestellt, dass Prostituierte verlässliche Informationen zu ihren Rechten und zu gesundheitlichen und sozialen Unterstützungsangeboten erhalten. Die Verbesserung des Zugangs zu Informationen über Rechte und Unterstützungsangebote ist das zentrale Element für die Stärkung des Selbstbestimmungsrechts von Prostituierten. Eine wichtige Rolle spielen dabei auch die besonderen Schutzvorschriften für Prostituierte zwischen 18 und 21 Jahren, für die verkürzten Anmelde- und Beratungsintervalle gelten, und die Regelungen zum Schutz schwangerer Prostituierter. So einigten sich die Abgeordneten der Koalitionsfraktionen auf die Ausdehnung des Werbeverbots auf entgeltlichen Geschlechtsverkehr mit Schwangeren. Daneben sieht das Gesetz bereits ein Werbeverbot für ungeschützten Geschlechtsverkehr und für rechtsgutsgefährdende Formen der Prostitution vor.

„Es ist gut, dass sich die Koalitionsfraktionen im parlamentarischen Verfahren geeinigt haben, den Schutz von Schwangeren noch weiter zu verstärken. Das ist eine wichtige Ergänzung. Der Schutz der Gesundheit der Frau und des ungeborenen Kindes stehen hierbei im Mittelpunkt“, so Manuela Schwesig.

Das Gesetz bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrates und soll im Juli 2017 in Kraft treten.“

Hier wird das Gesetz mal komplett verklärt und durch die rosarote Brille betrachtet. Nicht zu fassen Frau Schwesigs Aussage „Ich bin davon überzeugt, dass dies die Situation von Prostituierten langfristig verbessern wird.“ nehme ich jetzt mal ins Protokoll auf. Ich nehme Sie beim Wort Frau Bundesfamilienministerin! Wohl wissend, dass Sie Ihres nicht halten werden können…

Die Redebeiträge der Abgeordneten samt der finalen Beschlussfassung wurden ĂĽbrigens vom Sender Phönix dokumentiert. Wer sich diesen 45-minĂĽtigen Quatsch (seitens CDU/CSU und SPD) antun möchte, bitte. Aber Vorsicht: hier werden einem von Schwesig und Co. weiterhin Halbwahrheiten, PlattitĂĽden und Unsinnigkeiten (da macht die Schwesig doch tatsächlich wieder vom Pommesbuden-Argument gebrauch) aufgetischt. Und das nach zweieinhalb-jähriger Debatte! Soviel Unverantwortung und Stumpfsinn! Mir tut mein Kopf weh. Wären da nicht die Redebeiträge der Opposition – Frau Cornelia Möhring (Die Linke) und Frau Ulle Schauws (B90/GrĂĽne) bringen es in allen Belangen mal sowas von auf den Punkt… – dann mĂĽsste ich jetzt zum Psychodoktor.

Warum das ProstSchG nichts taugt bzw. warum es genau das Gegenteil bewirkt was es verspricht? Wer es noch nicht weiĂź oder wie die besagten Abgeordneten konsequent verdrängt, der kann sich ja mal unsere Ăśbersicht der BefĂĽhrworter und Gegner samt derer Stellungnahmen (als pdf zum download) anschauen.

Tagesaktuelle Kommentare und Stellungnahmen zum gestern beschlossenen Gesetz haben u.a. folgende Organisationen veröffentlicht:

  1. Berufsverband erotische und sexuelle Dienstleistungen e.V.
  2. im Zusammenschluss: Koordinations- und Beratungsstelle gegen Menschenhandel Ban Ying e.V., Amnesty International Deutschland, BesD, BSD, Frauentreff Olga, HYDRA e.V. ICRSE (International Committee on the Rights of Sex Workers in Europe), bufas e.V. (BĂĽndnis der Fachberatungsstellen fĂĽr Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter)
  3. Doña Carmen e.V. (Erklärung vom 06.07.)

weitere folgen garantiert…

Zahlreiche Gegenstimmen von Betroffenen sind auch im Sexworkerforum zu finden. Daneben diverse Verlinkungen zum Thema.

rmv

Nachtrag: Den Entwurf des ProstSchG in der Fassung vom 07.07.2016 könnt ihr hier als pdf downloaden.

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