Emanzipationsministerin kritisiert Prostituiertenschutzgesetz

Barbara Steffens: „Prostituierte werden durch neues Gesetz wieder vermehrt in Illegalität getrieben“

Die Nordrhein-Westfälische Emanzipationsministerin Barbara Steffens (Bündnis 90/Die Grünen) hat über ihr Ministerium öffentlich Stellung zum verabschiedeten Prostituiertenschutzgesetz (genauer: Gesetz zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen) bezogen. In einer Pressemitteilung bezeichnete sie dieses als Rückschlag und als Schaufenstergesetz. So erwecke es Erwartungen, die nicht erfüllt werden können. Steffens wirft dabei sowohl Bundesregierung als auch Bundestag vor, das einhellige Votum wichtiger Verbände ignoriert zu haben. Ferner werde die Arbeit der Deutsche Aidshilfe in Frage gestellt und Prostituierte würden vermehrt in die Illegalität getrieben werden.

Die Pressemitteilung im Wortlaut:

Ministerin Steffens: Prostituierte werden durch neues Gesetz wieder vermehrt in Illegalität getrieben – das macht sie schutzlos und für Hilfe nur schwer erreichbar

Als „Rückschlag für all diejenigen, die sich für mehr Selbstbestimmung von Menschen in der Prostitution einsetzen und sich gegen ihre Diskriminierung wenden“, bezeichnet die nordrhein-westfälische Emanzipationsministerin Barbara Steffens die heutige Verabschiedung des Prostituiertenschutzgesetzes durch den Bundesrat. Zwar sei es richtig und überfällig, Bordelle zu konzessionieren, um bessere Arbeitsbedingungen zu gewährleisten und menschenverachtenden Formen der Prostitution entgegenzutreten. „Wer aber glaubt, Menschen, die aus guten Gründen auf Anonymität angewiesen sind, mit Zwangsanmeldung und Zwangsberatung zu schützen, verkennt die Lebenswirklichkeit und läuft Gefahr, viele Prostituierte in die Illegalität zu treiben. Dort sind sie aber für Unterstützung und Hilfe kaum mehr erreichbar,“ so die Ministerin.

Barbara Steffens bedauert, die Bundesregierung, aber auch der Bundestag hätten das einhellige Votum wichtiger Verbände ignoriert. Nicht nur der deutsche Juristinnenbund habe schon frühzeitig erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken geltend gemacht; auch der Deutsche Frauenrat („Kontrollfuror, der auf eine Überforderung der zuständigen Behörden hinausläuft“) oder die Diakonie („Anmeldepflicht zur Umsetzung der sinnvollen Ziele völlig ungeeignet“) hätten immer wieder vor dem eingeschlagenen Weg der Repression und Kontrolle einer hoch stigmatisierten Gruppe gewarnt. Nicht zuletzt werde, so auch die Deutsche Aidshilfe, die bisherige erfolgreiche gesundheitliche HIV- Präventionspolitik der Bundesrepublik in Frage gestellt, da eine gesundheitliche Zwangsberatung die bisher bestehende Möglichkeit einer anonymen Beratung nach §19 Infektionsschutzgesetz gefährde.

„Dies ist, was Anmeldung und Pflichtberatung betrifft, ein Schaufenstergesetz, das Erwartungen weckt, die nicht erfüllt werden können“ warnt Barbara Steffens. Sie verwies zudem auf die vielen ungeklärten Umsetzungsprobleme, die bereits in der unbestimmten und viel zu weiten Definition von Prostitution begründet seien. „Wenn eine gelegentliche Tätigkeit genügt, noch nicht einmal mehrere Kunden erforderlich sind und sogar kein Geld fließen muss – wie soll da eine Behörde erkennen, dass es sich hier um bezahlte sexuelle Dienstleistungen handelt? Darauf konnte mir bisher niemand eine Antwort geben“, so die Ministerin.

MGEPA

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