EMMAs „Wertarbeit“: Ein RĂĽckblick aus aktuellem Anlass

Wie das Frauenmagazin ohne Unterlass gegen journalistische Grundsätze verstößt! – Wir liefern echte Fakten

Bekanntlich ärgern wir uns ja hier ganz regelmäßig ĂĽber die populistischen Anti-Prostitutions-Kampagnen von Alice Schwarzer und der EMMA sprichwörtlich schwarz (siehe hier, hier,  hier oder hier). Im Beitrag „Alices Kampf fĂĽr Erwerbstätige aber gegen das Gewerbe“ aus der letzten Woche blickten wir auf deren neuesten Kommentar zum Sexgewerbe. Damit aber nicht genug. Heute soll noch einmal der EMMA-Artikel „Fakten gegen Scheinargumente“ vom 2. September 2014 Gegenstand sein. Zwar hatten wir uns nach dessen Veröffentlichung bereits darĂĽber ausgelassen (siehe hier), damals aber nur sporadisch.

Auch weil die EMMA in ihrer kĂĽrzlich erschinenen Printausgabe wieder gegen das Gewerbe hetzt, liegt der besagte Artikel in unserem Fokus. Aber vor allem, weil er immer noch online ist und heute wie damals mit etlichen Falschbehauptungen daherkommt. Mehr noch, die Redaktion des Magazins verstößt darin offensichtlich gegen journalistische Grundsätze.

Schaut man sich den Pressekodex von 1973 näher an, entdeckt man u.a folgende Punkte:

1. Wahrhaftigkeit und Achtung der MenschenwĂĽrde

Die Achtung vor der Wahrheit, die Wahrung der Menschenwürde und die wahrhaftige Unterrichtung der Öffentlichkeit sind oberste Gebote der Presse. Jede in der Presse tätige Person wahrt auf dieser Grundlage das Ansehen und die Glaubwürdigkeit der Medien.

2. Sorgfalt

Recherche ist unverzichtbares Instrument journalistischer Sorgfalt. Zur Veröffentlichung bestimmte Informationen in Wort, Bild und Grafik sind der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen und wahrheitsgetreu wiederzugeben. Ihr Sinn darf durch Bearbeitung, Überschrift oder Bildbeschriftung weder entstellt noch verfälscht werden. Unbestätigte Meldungen, Gerüchte und Vermutungen sind als solche erkennbar zu machen. Symbolfotos müssen als solche kenntlich sein oder erkennbar gemacht werden.

3. Richtigstellung

Veröffentlichte Nachrichten oder Behauptungen, insbesondere personenbezogener Art, die sich nachträglich als falsch erweisen, hat das Publikationsorgan, das sie gebracht hat, unverzüglich von sich aus in angemessener Weise richtigzustellen.

12. Diskriminierungen

Niemand darf wegen seines Geschlechts, einer Behinderung oder seiner Zugehörigkeit zu einer ethnischen, religiösen, sozialen oder nationalen Gruppe diskriminiert werden.

14. Medizin-Berichterstattung

Bei medizinischen Themen ist eine unangemessene sensationelle Darstellung zu vermeiden, die Hoffnungen oder Befürchtungen beim Leser erwecken könnten. Forschungsergebnisse, die sich in einem frühen Stadium befinden, sollten nicht als abgeschlossen oder nahezu abgeschlossen dargestellt werden.

Und an eben diese Grundsätze hält man sich im besagten Artikel nicht!

„Prostitution: Fakten gegen Scheinargumente“

Wer diese Überschrift liest, bekommt den Eindruck, mittels Tatsachen aufgeklärt zu werden. Aufgeklärt über etwaige in Umlauf befindliche, unqualifizierte Behauptungen über das bzw. von Seiten des Milieus. Noch eindeutiger wird die EMMA im Aufmacher. Da heißt es:

„Eigentlich dĂĽrften die Fakten und Argumente fĂĽr ein neues Prostitutionsgesetz bekannt sein. Doch tauchen immer wieder Scheinargumente auf. Das ist kein Zufall, sondern Absicht. Darum hat EMMA sich die MĂĽhe gemacht, auf alle zu antworten.“

Die EMMA hat sich also MĂĽhe gemacht! Wer mit offenem Blick den Artikel durchgearbeitet hat – was die Kommentatorinnen auf der Seite leider nicht im Ansatz machen (zumindest werden kritische Kommentare von der Emma gerne mal gelöscht – Beispiel Facebookseite (siehe unser Nachtrag hier)) – kommt schnell zu einer völlig anderen Erkenntnis. So sollte die Ăśberschrift „Scheinfakten gegen Argumente“ heiĂźen! Von MĂĽhe also keine Spur.

Aber gucken wir uns das im Detail an:

1. (Schein)argument: „Die Altersgrenze von 21 treibt die Unter-21-Jährigen in die Illegalität“

Wir wissen ja seit Anfang Februar 2015, dass ein Gesetz, welches das Mindestalter auf 21 heraufsetzt vom Tisch ist. Dennoch will ich die „Fakten“ der EMMA näher durchleuchten.

Hier behauptet die EMMA:

„FĂĽr Prostituierte gilt ĂĽberhaupt keine Illegalität aufgrund des Alters. Eine 17-Jährige zum Beispiel macht sich heute trotz der Altersgrenze von 18 nicht strafbar. Strafbar machen sich nur Zuhälter und Bordellbetreiber, ihnen droht die Illegalität.“

Der Vergleich hinkt. Ja, eine 17-Jährige macht sich nicht strafbar. Hier gelten aber auch das Jugenschutzgesetz (§ 8 JuSchG) sowie das Strafgesetzbuch (§ 180 Abs. 2 StGB; § 180a StGB). WĂĽrde das Mindestalter auf 21 angehoben, mĂĽssten die entsprechenden Paragraphen angeglichen werden. Das ist aber zu bezweifeln. Auch weil in Deutschland eine Person nach dem § 2 BGB nun mal mit dem vollendeten 18. Lebensjahr als volljährig gilt, womit sie u.a. voll geschäftsfähig ist. Wie wäre eine Untersagung, sexuelle Leistungen gegen Entgelt anzubieten, dann zu begrĂĽnden? Auf jeden Fall schwer.

Sollte die „heranwachsende“ zwischen 18- und 21-jährige Person dann noch strafrechtlich belangt werden können, dann droht ihr eine Verurteilung nach Jugendstrafrecht (in Ausnahmefällen, wenn die Person „nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung noch einem Jugendlichen gleichstand“, § 105 JGG) oder nach allgemeinem Strafrecht.

Allerdings geht es gar nicht um Strafbarkeit, sondern um Legal- bzw. Illegalität. Und wenn die 19-Jährige im Rotlichtmilieu arbeiten will, dann wäre das im gegebenen Falle eben eine illegale Beschäftigung. Strenggenommen handel ja auch eine 17 Jahre alte Frau – bekanntlich gibt es immer wieder Fälle in welchen Minderjährige aus Eigeninitiative heraus anschaffen gehen – illegal.

Unser Plädoyer: Sexarbeit muss weiterhin ab 18 möglich sein! Berufsfreiheit, also das Grundrecht, seinen Beruf frei zu wählen und auszuüben, muss uneingeschränkt für volljährige Personen gelten! Gleichzeitig muss der letzte Satz im Paragraphen 232 StGB, Abs. 1 geändert werden.

„Auch wächst der Markt fĂĽr junge Frauen und ist besonders profitabel: Die Kunden verlangen immer jĂĽngere Prostituierte.“

Das ist eine Behauptung und kein Fakt. Solange es keine gesicherten Zahlen zur Anzahl der Prostituierten gibt, kann man auch keine Angaben zum durchschnittlichen Alter und zur „Markt“entwicklung machen. Sollte sich wer bei der EMMA aber tatsächlich die MĂĽhe gemacht haben, tausende Inserate auf deutschlands Erotikportalen zu durchforsten und ein Durchschnittsalter zu errechnen … die MĂĽhe war es nicht wert. Denn viele Frauen machen sich (auf welchen Wunsch auch immer) darauf einfach nur jĂĽnger (das schlieĂźt auch die 30- und 40-Jährigen ein). Einige wenige machen sich auch älter, aber dazu später mehr. Jedenfalls hätte dieser jemand seine Berechnung ĂĽber viele Jahre hinweg anstellen mĂĽssen, immerhin wird ja behauptet, der Markt wachse mit immer jĂĽngern Frauen.

Was wir selbst (Rotlicht-MV.de) können, ist eine Altersstatistik zu erstellen. Danach ergibt sich folgender Querschnitt:

18-21 Jahre: 15,12 %

22-30 Jahre: 68,22 %

31-40 Jahre: 13,22 %

41-60 Jahre: 3,44 %

Rechnen wir die Inserate der einzelnen Jahren heraus, dann weichen die Ergebnisse nicht weit vom Querschnitt ab. Eine Verjüngung ist erst recht nicht festzustellen. Beispiel: Unsere Inserentinnen waren 2012 im Schnitt sogar älter als noch zwei Jahre zuvor (18-21 Jahre: 2010 ~ 19,9 %; 2012 ~ 12,4 %). 2014 verjüngte sich der Altersdurchschnitt wieder, sank aber nicht unter den 2010er Wert (18-21 Jahre: ~ 17,5 %).

Eine aussagekräftige Marktanalyse lässt sich damit zwar auch nicht erheben. Aber mehr Wert als als eine schwammige Behauptung Seitens der EMMA sollte es schon haben.

Aber vielleicht habe ich den Satz nur falsch verstanden und die EMMA sieht einfach nur die EinkĂĽnfte älterer Sexarbeiterinnen in Gefahr. Vielleicht strebt das Blatt ähnlich der Frauenquote eine „Alten“quote an.Das wär doch mal was…

„Und zunehmend werden immer mehr junge, auch deutsche Frauen, ĂĽber die Loverboy-Masche in die Prostitution gelockt. Eine Erhöhung des Schutzalters wäre auch fĂĽr sie wirksam.“

Nein, das ware es nicht. Denn die meisten jener sogenannten Loverboys nehmen ganz explizit Minderjährige Mädchen ins Visier. 20-Jährige sind also nicht deren Zielgruppe. Zumal diese Männer selbst häufig erst im Alter zwischen 18 und Anfang 20 sind.

AuĂźerdem greifen gegen das Handeln dieser Männer bereits Bundesgesetze. So sind dies „Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung“. Darunter zählen – je nach Alter der Opfer: „sexueller Missbrauch von Jugendlichen“ (StGB § 182), sexuellen Nötigung; Vergewaltigung (StGB Paragraph 177), „Förderung der Prostitution Minderjähriger“ (StGB § 180), Zuhälterei (StGB § 181a).

„Alle Prostituierten wären durch eine Anhebung der Altersgrenze geschĂĽtzter, unter vielerlei Aspekten: Je jĂĽnger eine Frau ist, umso beeinflussbarer und manipulierbarer ist sie (durch Familie, Zuhälter, Menschenhändler). Und je frĂĽher eine Frau in die Prostitution abgleitet, umso tiefer und länger steckt sie drin, umso schwerer ist fĂĽr sie der Ausstieg.“

Worin besteht jetzt der Schutz? Betrachtet man das Thema Armutsprostitution – also jenen (Aus)weg junger Ostouropäerinnen, im Westen schnelles Geld in der Prostitution zu verdienen, dann bedarf es gänzlich anderer Gesetzesänderungen. Ganz zu schweigen von den sozialen und wirtschaftlichen Verhältnissen in deren Heimatländern. Nicht Verbot ist der Ausweg – vor allem weil Prostitutionsgegner nie auch nur im Ansatz Alternativen zur Lebensfinanzierung bieten. Wie auch: Dann mĂĽssten sie ja Arbeit (am besten noch nach Tarif) im in- und Ausland fĂĽr tausende Frauen ohne entsprechende Sprachkenntnisse, BerufsabschlĂĽsse oder Perspektiven zur VerfĂĽgung stellen bzw. vermitteln.

Die richtigen Alternativen wären lĂĽckenlose Präventionsarbeit, Aufklärung, Rechtsbegleitung, Hilfen zum Ein- sowie Ausstieg… . Wenn Gesetze verbessert werden mĂĽssten, dann z.B. das Aufenthaltsgesetz, das Gewerberecht oder das Strafrecht. Allein durch das EinfĂĽhrungsgesetz zum Strafgesetzbuch, Art 297 Verbot der Prostitution, können Kommunen stadtumfassende Sperrbezirksverordnungen erlassen. Dadurch wird den Sexarbeiterinnen entweder eine AusĂĽbung ihrer Arbeit unmöglich gemacht oder ihnen werden teils unzumutbare Arbeitsbedingungen auferlegt.

Apropos Strafrecht: in § 232 „Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung“ heiĂźt es in Absatz 1:

„[…] Ebenso wird bestraft, wer eine Person unter einundzwanzig Jahren zur Aufnahme oder Fortsetzung der Prostitution oder zu den sonst in Satz 1 bezeichneten sexuellen Handlungen bringt.“

Das heiĂźt also, dass unter-21-jährige Sexarbeiterinnen, deren Personalien bspw. bei einer Razzia aufgenommen werden, erst einmal automatisch als Menschenhandelsopfer angesehen wird. Ganz egal, ob hier Freiwilligkeit oder Zwang die Ursache ist. Ob es dann zu einem Verfahren kommt oder nicht, die Aufnahme in die Menschenhandelsstatistik ist gewiss. Also hier ist ganz sicher eine Gesetzesreform nötig…

„Warum sollten Unter-21-Jährige keinen Zugang zu Spielbanken haben – aber Zugang zu Bordellen?“

Diese Frage ist berechtigt und darf diskutiert werden. Aber: Erstens kann eine solche Grundsatzfrage keineswegs als Fakt für oder gegen obige Argumentation angesehen werden. Zweitens vermittelt die Frage eine falsche Sachlage. Denn in Deutschland wird Unter-18-Jährigen der Zugang zu Spielbanken gar nicht verwehrt. Genauer: eine solche Entscheidung unterliegt den Ländern, was zur Folge hat, dass man lediglich Baden-Würrtemberg und Bayern erst mit 21 Zutritt bekommt. In allen anderen 14 Bundesländern darf man mit 18 rein!

2. (Schein)argument: „Die Anmeldepflicht ist eine ZwangsmaĂźnahme und Stigmatisierung“

Dazu äußert sich die EMMA wie folgt:

„Jeder Mensch, der gewerblich tätig ist, muss sich anmelden. Prostituierte erwerben ĂĽberhaupt erst durch die Anmeldung Rechte auf Sozialleistungen […]. Hinzu kommt: Nur Dank der Anmeldung weiĂź man ĂĽberhaupt von der Existenz der Frauen.“

Genau hier liegt die Krux und EMMA verschweigt diese eine immanent wichtige Information. Prostitution ist per Gewerbeordnung eben kein anerkanntes Gewerbe. Danach können Sexarbeiter_innen im eigentlichen Sinne weder als Freiberufler arbeiten noch ein Reisegewerbe beantragen. Dass dies so ist, ist ferner keineswegs im Interesse der Prostituierten(verbände). Und der Gesetzgeber will dass selbst nicht ändern. An dessen Stelle will er nämlich ein Sondergesetz einfĂĽhren, wodurch die Zielgruppe bei Kriminalbehörden registriert wird. In welchem anderen „Gewerbe“ gibt es sowas?

„Anmelden sollten die Frauen sich […] bei der Kriminalpolizei. Da sind ihre Daten auch geschĂĽtzter.“

Wie gesagt, wo gibt es sonst so eine Pauschalkriminalisierung? Und warum sollten die Daten bei der Kripo geschĂĽtzter sein als beim Gewerbeamt? Was ist es anderes als reine Repression?

„Bisher wissen die Frauen, die in der Mehrheit aus dem Ausland kommen und oft kein Wort Deutsch sprechen, häufig selbst nicht, in welcher Stadt sie ĂĽberhaupt sind […]. Sie könnten verschwinden – und niemand wĂĽrde es merken. Eine Anmeldepflicht wĂĽrde sie also schĂĽtzen.“

Das mag sein, einem Saisonarbeiter der auf deutschen Erdbeerfeldern Froondienst leistet, geht es aber nicht anders. Und inwieweit nun ein erhöhter Schutz – wovor eigentlich? – mittels Registrierung bei der Kripo gewährleistet werden kann, ist fĂĽr mich nicht nachvollziehbar. Vor allem wĂĽrde das auch bedeuten, dass sich eine Hure, die alle paar Wochen ihren Arbeitsort wechselt, ebenso oft bei der Polizei vorsprechen muss. Das steht erstens in keinem Verhältnis zum bĂĽrokratischen Aufwand (sowohl fĂĽr Sexarbeiterin als auch fĂĽr Polizeibehörden). Zweitens ist es rechtlich äuĂźerst bedenklich, fĂĽr einen angeblich besseren Schutz ein umfassendes Bewegungsprofil der zu SchĂĽtzenden zu benötigen.

„Die Einzigen, die ein Interesse daran haben, dass es keine Anmeldepflicht gibt, sind die Zuhälter und Betreiber von Prostitutionsstätten.“

Noch einmal: ginge es um eine Anmeldepflicht bei den Gewerbeämtern, würde sich niemand dagegen verwehren. Hier soll aber eine Komplettüberwachung durch die Polizeibehörden angestrebt werden, ein Sondergesetz, dass auschließlich für Prostituierte gilt.

3. (Schein)argument: „Die Kondompflicht ist ĂĽberflĂĽssig, weil nicht anwendbar“

Laut aktueller Einigung der GroKo soll die Kondompflicht zwar eingefĂĽhrt werden, aber ohne BuĂźgeld-Androhung gegen die Prostituierten.

Zur bis dato anvisierten Bestimmung bzw. zum Gegenargument erklärt die EMMA:

„Seit wann ist es ein Kriterium fĂĽr ein Gesetz, ob es einfach „anwendbar“ ist? Dann könnten wir zum Beispiel auch das Gesetz gegen den Missbrauch von Kindern wieder streichen.“

Das ist jetzt nicht war oder? Das hat die EMMA jetzt nicht geschrieben? Wie kann man eine Debatte um die Nutzung von Mitteln zum Schutz gegen sexuell übertragbare Erkrankungen (wohlgemerkt beim Verkehr zwischen zwei Erwachsenen, mündigen Menschen) mit einem der wohl schlimmsten Verbrechen (wohlgemerkt gegenüber einem Minderjährigen, explizit einer Person unter 14) vergleichen? Das hat nicht nur nichts mit einer Beweisführung mittels Fakten zu tun, das ist darüber hinaus einfach nur verwerflich. Aber dieser propagandistische und fundamentalistische Weg ist nicht neu. Bereits mehrmals stellte die Emma-Herausgeberin Alice Schwarzer Prostitution und Pädophilie in Enge Verbindung.

„Das Kriterium fĂĽr ein Gesetz sollte seine Notwendigkeit sein. Die Notwendigkeit, die Prostituierten vor Ansteckung zu schĂĽtzen (und damit auch die Freier und ihre Ehefrauen bzw. Freundinnen).“

Welch ein Schwachsinn… Wollte man dieser Argumentation folgen, dann mĂĽsste fĂĽr jeden geschlechtsreichen Menschen Kondompflicht gelten. Sollte nicht auch der Disko-/Karneval-Besucher geschĂĽtzt werden, der sich auf einen One-Night-Stand mit einer aufreizenden Frau einlässt (andersherum genauso)? Wer kontrolliert das? Wie sehen die juristischen Konsequenzen aus?

Was hier unterschlagen wird, ist das gesellschaftliche Phänomen, wonach sich immer mehr Menschen der Gefahr vor allem durch HIV, aber auch durch andere STI immer weniger bewusst sind. Eine Kondompflicht bringt da gar nichts. Zumal eine Studie des Robert Koch Instituts (2010/2011) ergab, dass die Gefährdung fĂĽr STI fĂĽr Sexarbeiterinnen insgesamt nicht höher sei als in der Allgemeinbevölkerung (Abweichungen einzelner Gruppen mit inbegriffen).

„80 Prozent aller Freier wollen Verkehr „ohne“.“

Soso! Ja, es ist bekannt, dass viele Freier Sex ohne Kondom verlangen/wollen. Am Ende entscheidet aber immer die Prostituierte, als mĂĽndige Person ĂĽber die Handhabe. Wäre es anders bestĂĽnde der Straftatbestand der Nötigung. Was hier aber vor allem und wieder stört, ist dass die EMMA so absolut und standfest diese 80% in den Raum wirft. Der Leser wurde ja zuallererst darĂĽber aufgeklärt, hier nur Fakten vorzufinden. Daher muss er die 80 % als gegeben hinnehmen. Nur leider gibt es dafĂĽr weder eine glaubhafte Quelle noch irgend welche empirischen Daten. Wie auch, wo die existierenden Freierstudien an zwei Händen abzulesen sind und nirgens eine valide Bestimmung der „Freier-Population“ vorliegt. Es handelt sich bei den 80 % also schlicht um eine im Umlauf befindliche Annahme, nicht mehr nicht weniger.

„Und sie wĂĽrde Bordellbetreibern wie Prostituierten ein Argument gegen den Verkehr ohne Schutz in die Hand geben – und der Polizei die Möglichkeit zur Kontrolle.“

Wie kann eine Pflicht ein Argument gegen das Nichteinhalten derselben sein? Wie bitte sollen Bordellbetreiber die Einhaltung dieser Pflicht kontrollieren? Inventur in den MĂĽllbehältern? Wie soll die Kontrolle der Polizei aussehen? So wie in Bayern mittels Scheinfreiern? Damit werden aber nur die Prostituierten bestraft. Oder Polizistinnen undercover? Das wär’s ja noch. Vielleicht stehen auch Kripo-Beamte mit im Zimmer und beobachten. NatĂĽrlich inklusive Kamera, sonst stĂĽnde ja am Ende noch Aussage gegen Aussage.

4. (Schein)argument: „Regelmäßige Gesundheitskontrollen sind Zwangsuntersuchungen“

Auch gesetzliche Gesundheitskontrollen wird es – so der Kompromiss zwischen der Union und der SPD Anfang Februar – nicht geben. Satt dessen wolle man regelmäßige medizinische Beratungen verpflichtend machen.

Dennoch auch hier eine Analyse von EMMAs „Fakten“:

„Es gibt etliche infektionsrelevante Berufe, bei denen regelmäßige Gesundheitskontrollen eine Selbstverständlichkeit sind, zum Beispiel die Bäckereifachverkäuferin. Da hat noch nie jemand protestiert.“

Das ist so nicht richtig! So sagt die Bäcker- und Konditorenvereinigung Nord folgendes:

„Nach § 42 Infektionsschutzgesetz kann fĂĽr Mitarbeiter/innen im Bäckerhandwerk, die mit „Backwaren mit nicht durchgebackener oder durcherhitzter FĂĽllung oder Auflage“ Kontakt haben, ein Tätigkeits- und Beschäftigungsverbot ausgesprochen werden, wenn diese an einer Infektion erkrankt sind oder dessen verdächtig werden.

Generell müssen diese Mitarbeiter vor Aufnahme ihrer Beschäftigung nach § 43 Infektionsschutzgesetz sich einer Erstbelehrung unterziehen und alle 2 Jahre einer Nachbelehrung. Hierbei werden sie über die in § 42 Abs. 1 genannten Tätigkeitsverbote und über die Verpflichtungen nach den Absätzen 2, 4 und 5 in mündlicher und schriftlicher Form vom Gesundheitsamt oder von einem durch das Gesundheitsamt beauftragten Arzt belehrt. Nach der Belehrung muss durch den Mitarbeiter schriftlich erklärt werden, dass keine Tatsachen für ein Tätigkeitsverbot bekannt ist.

Liegen Anhaltspunkte vor, dass bei einer Person HinderungsgrĂĽnde nach § 42 Abs. 1 bestehen, so darf die Bescheinigung erst ausgestellt werden, wenn durch ein ärztliches Zeugnis nachgewiesen ist, dass HinderungsgrĂĽnde nicht oder nicht mehr bestehen.“

Es stimmt also nicht, dass die Bäckereifachverkäuferin verpflichtet ist, regelmäßige Gesundheitskontrollen durchzuführen. Interessant ist in diesem Zusammenhang aber auch, dass sich gerade die deutschen Gesundheitsämter und die Deutsche Aidshilfe gegen gesetzlich verankerte Pflichtuntersuchungen und für den freiwilligen und eigenverantwortliche Gang zum Mediziner aussprechen.

„Die Routinekontrolle der Prostituierten wäre aus vielerlei GrĂĽnden sinnvoll: zum Schutz ihrer eigenen Gesundheit ebenso wie als Mittel gegen ihre Isolation.“

Wie bereits erwähnt, fand das Robert Koch Instituts heraus, dass die Gefährdung für STI für Sexarbeiterinnen insgesamt nicht höher ist als in der Allgemeinbevölkerung. Warum jetzt aber Gesundheitskontrollen (Union und SPD sehen ein jährliches bzw. für 18- bis 21-Jährige ein halbjährliches Beratungsgespräch vor) ein Mittel gegen Isolation sein sollen, verstehe wer will.

„Auch könnte bei diesen Gesundheitsuntersuchungen erkannt werden, ob die Frauen Gewaltopfer sind.“

Dazu bedarf es keine Untersuchungspflicht. Gewaltopfer brauchen psychosoziale Betreuung und entsprechende Anlaufstellen. Ausländische Prostituierte benötigen Vertrauenspersonen und vorab Beratung darüber, dass eine Anzeige bei der Polizei in Deutschland sehr wohl zielführend ist (im Gegensatz zu den teils korrupten Behörden in anderen Staaten).

Nebenbei, es bedarf ja schlieĂźlich immer der Aussage des vermeintlichen Opfers. So haben Verletzungen bspw. im Inteambereich ja nicht automatisch ihre Ursache in sexuellen Ăśbergriffen. Was wenn der Arzt Gewaltanwendung attestiert, in Wirklichkeit aber nur der x-te Freier einer zuviel fĂĽr die Prostituierte war? Was ist mit der Hure, die, arrangiert fĂĽr eine SM-Party, nur bis an ihre Grenze gegangen ist? Ob jemand Gewaltopfer ist oder nicht, kann ein Arzt gar nicht immer zweifelsfrei feststellen, nur Indizien finden. Das Thema sexuelle Gewalt ist einfach viel zu komplex, als dass es schlicht mit Pflichtuntersuchungen lösbar wäre. Und wenn, dann mĂĽsste es fĂĽr alle Frauen gelten, denn leider finden ja sexuelle bzw. körperliche Ăśbergriffe auch in etlichen Paarbeziehungen statt…

„Und ĂĽbrigens wĂĽrde damit auch den von Privatuntersuchungen und illegalen Rezepten profitierenden Ă„rzten und Apothekern das Wasser abgegraben.“

Also den Spruch hat die EMMA-Redaktion doch aus dem Hut gezaubert, oder wie? In welchem Zusammenhang stehen jetzt die kriminellen Aktivitäten einzelner Ärzte/Apotheker mit dem Rotlichtmilieu? Warum noch gleich muss ein Sondergesetz für Sexarbeiterinnen geschaffen werden, wenn man gegen illegal ausgestellte Rezepte vorgehen will? Das verstehe ich nicht.

„Dass die freiwillige Untersuchungsmöglichkeit, die seit Abschaffung der Pflichtuntersuchung in vielen Kommunen besteht, von der Zielgruppe der Elends- und Zwangsprostituierten nicht genutzt wird, zeigen die Untersuchungszahlen der Gesundheitsämter.“

Hier hätte ich bitte die Quellen sowie genaue Zahlen! Es stimmt, dass den Daten von bundesweit 29 Gesundheitsämtern (die das Robert-Koch-Institut zusammenstellte) zufolge Frauen, die keine Krankenversicherung hatten oder auf dem Straßenstrich arbeiteten, einer höheren Gefährdung an STI zu erkranken ausgesetzt sind. Die Ursache ist aber häufig die fehlende Bildung, mangelnde Aufklärung und keine Hilfe im Umfeld der Betroffenen. Denn viele der Frauen prostituieren sich aufgrund unterschiedlicher Zwangslagen (z.B. Armut). Sind also die Vorkenntnisse über sexuell übertragbare Infektionskrankheiten nur gering oder gar nicht vorhanden, die Möglichkeiten zur Beratung nicht bekannt und der Druck hoch, Freier so günstig wie möglich und dann auch noch ohne Präservativ zu bedienen, dann steigt selbstverständlich das Gesundheitsisiko.

Die Frage, die sich stellt ist also folgende: Wie findet eine dieser Frauen den Weg ins Amt, wenn sie ihn nicht kennt, geschweige denn um den Nutzen weiß? In diesem Zusammenhang darf auch darauf hingewiesen werden, dass die Gesundheitsämter und Beratungsstellen vielerorts schon jetzt unter immer knapper werdenden finanziellen und personellen Ressourcen zu leiden haben. Wichtige Streetwork und Sozialarbeit ist somit kaum möglich. Und die Bedingungen verbessern sich ja nicht mit dem Inkrafttreten von Pflichtuntersssuchungen. Wollte man die medizinische Betreuung der Sexdienstleister verbessern, müssten die finanziellen Defizite auf der anderen Seite angegangen werden. So oder so, eine Pflicht zur Kontrolle ausschließlich für ein einziges Gewerbe darf es nicht geben. Ferner noch wäre es das dümmst, was man fordern kann.

„Aus Ă–sterreich ist ĂĽbrigens zu hören, dass die Prostituierten, die ĂĽber Deutschland ins Land kommen, auffallend häufiger krank sind. Eben weil sie nicht nur ungeschĂĽtzten Verkehr ĂĽber sich ergehen lassen mĂĽssen, sondern oft nicht krankenversichert sind.“

A) Qelle?!! B) Das ist einfach nur eine pauschale und plumpe Aussage. Sie erklärt/beweist gar nichts. Erstens entbiert sie jeglicher Professionalität, weil es heiĂźt „ist zu hören“, was eher auf Hörensagen und weniger auf profunde Kenntnisse des Marktes und der Migrantenströme hindeutet. Und zweitens halte ich eine solche Aussage fĂĽr schwer zu beweisen. Denn in dem Alpenstaat, in dem regelmäßige Gesundheitsuntersuchungen ĂĽbrigens verpflichtend sind, verfĂĽgen (mit Stand 2013, Quelle Wikipedia) nur etwa 6.200 Prostituierte ĂĽber eine entsprechende Kontrollkarte. Eine weitaus größere Anzahl arbeitet illegal bzw. ohne einen solchen Nachweis. Und da diese Anzahl nur geschätzt werden kann, ist eine empirische Aussage ĂĽber deren Krankheitsverläufe nicht machbar. Woher das Wissen um die exakten, länderĂĽbergreifenden Reiseruten kommen soll, durchschaue ich auch nicht.

„Genau das ist auch der Grund, warum viele Prostituierte sich diese Gesundheitskontrollen wĂĽnschen – und Schlange stehen in den Hilfsprojekten, wo sie angeboten werden.“

Ist das nicht ein Widerspruch? Erst behauptet EMMA noch, die freiwillige Untersuchungsmöglichkeit würde von einigen Zielgruppen nicht genutzt werden und dann heißt es, die Prostituierten stünden bei entsprechenden Hilfsprojekten Schlange. Was denn nun.

Der zweite Widerspruch befindet sich im obigen satz selbst. Wenn viele Prostituierte bei den Gesundheitskontrollen der Hilfsprojekte anstehen, warum sollten sie dann Pflichtuntersuchungen fordern und nicht einfach ein breiteres Angebot jener Hilfsprojekte?

Eine ganz andere Frage bleibt: Wer bezahlt diese Pflichtuntersuchungen? Kommen die Krankenkassen dafür auf oder müssen die Prostituierten selbst in den Geldbeutel greifen? Wäre mal interessant darauf eine Antwort zu erhalten.

5. (Schein)argument: „Das Weisungsrecht darf nicht abgeschafft werden“

Die Emma dazu:

„Das existierende Weisungsrecht […] entrechtet die Frauen und ist vergleichbar mit dem – zum GlĂĽck längst abgeschafften – ZĂĽchtigungsrecht fĂĽr Kinder.“

Schon wieder die „Kinder“-Schiene. Alle in Deutschland geschlossene Arbeitnehmerverträge bestimmen ĂĽber das Weisungsrecht durch den Arbeitgeber. GegenĂĽber Sexarbeiter_innen gilt sogar nur ein eingeschränktes Weisungsrecht. Mit ZĂĽchtigung hat das rein gar nichts zu tun, erst recht nichts mit Körperstrafen gegenĂĽber Minderjährigen.

„Seit der Reform von 2002 haben Bordellbetreiber laut Rechtsprechung ein Weisungsrecht u.a. in den folgenden Punkten:

– Arbeitszeit (Zeitpunkt, Länge)

– Berufskleidung (sie können zum Beispiel ein Nacktgebot erteilen).

– Preisgestaltung (dazu gehört auch die Zwangseinhaltung von Pauschalsteuern).

– Arbeitsplatzgestaltung (Handyverbot, Redeverbot untereinander etc.) „

Noch einmal, im § 3 ProstG heißt es: „Bei Prostituierten steht das eingeschränkte Weisungsrecht im Rahmen einer abhängigen Tätigkeit der Annahme einer Beschäftigung im Sinne des Sozialversicherungsrechtes nicht entgegen.“ Danach darf ein Arbeitgeber lediglich über Ort und Zeit des “Bereithaltens zur Prostitution” bestimmen. Mehr ist nicht rechtens. Die meisten Prostituierten sind davon aber gar nicht betroffen, da nur wenige in einem Angestelltenverhältniss sind. Der überwiegende Teil ist selbständig tätig.

Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 1. August 2003 (BGH 2 StR 186/03; BGHSt 48, 314 sowie NJW 2004, 81 ff.) hat dies genauer definiert: „Danach darf der Bordellbetreiber Art und AusmaĂź der ProstitutionsausĂĽbung nicht vorgeben; solange aber eine Prostituierte freiwillig in einem Bordell oder bordellähnlichen Betrieb tätig ist, begrĂĽndet allein die Eingliederung in eine Organisationsstruktur durch Vorgabe von festen Arbeitszeiten, Einsatzorten und Preisen keine Strafbarkeit.“

Was die Preisgestaltung betrifft verkennt die EMMA hier den Punkt um die Pauschalsteuer gewaltig. Erstens werden Sonderbesteuerungen bzw. -modelle wie VergnĂĽgungssteuer und pauschale Vorauszahlungen nach dem „DĂĽsseldorfer Verfahren“ von den Kommunen/Städten ĂĽber die Bordellbetreiber eingezogen – welche diese rechtens an die Prostituierten weiterleiten. Und zweitens betrifft das auch die selbständigen Sexarbeiterinnen. Dass beide Steuerzahlungen nicht beliebt und rechtlich zweifelhaft sind, zeigt die Kritik, die regelmäßig von Sexarbeiterinnen, Bordellbesitzern und Interessensverbänden kommt. Doch unabhängig davon haben sie nichts mit einem Weisungsrecht zu tun.

Die Unterstellung eines Handy- und Redeverbots kann suspekter nicht sein. Mag es solche Einzelfälle gegeben haben, doch was sollten sie bringen? Und falls die EMMA ein Handyverbot während besonderer Veranstaltungen/Events meint, da versteht es sich ja nun von selbst, dass währenddessen nicht telefoniert wird.

6. (Schein)argument: „Die Kriminalisierung von Prostituierten verhindern“

Und wir lauschen den Worten der EMMA:

„Es gibt schon lange keine Kriminalisierung von Prostituierten mehr in Deutschland – und die ist selbstverständlich auch nicht mit dem neuen Gesetz beabsichtigt.“

Hier stellt sich die Frage, warum dann eine Anmeldepflicht von Sexarbeiter_innen gegenĂĽber der Kriminalpolizei – wie es ja selbst die EMMA fordert – angedacht ist? Wenn dies nicht eine Kriminalisierung ist, dann weiĂź ich auch nicht. Warum wird stets ohne BeweisfĂĽhrung behauptet (die EMMA und Schwarzer machen das schon aus dem affekt heraus) Prostitution befände sich im Schatten/Umkreis eines kriminellen Milieus? Warum wird Prostitution so häufig mit Menschenhandel gleichgesetzt? Warum wirft die Emma bei der Debatte um eine Kondompflicht das Schlagwort Kindesmissbrauch in die Diskussion?

Warum behauptet Alice Schwarzer selbst: Dieses Gesetz (ProstG von 2002, Anm.) wurde von Anbeginn an für Menschenhändler und Zuhälter gemacht, nicht für die Prostituierten?

„Strafbar machen sich ggf. nur die wahren Profiteure der Prostitution: Zuhälter, Bordellbetreiber, Schlepper, Menschenhändler.“

Das zum Thema Kriminalisierung… Zuhälterei und Menschenhandel sind per Gesetz strafbar und werden auch zu recht geahndet. Der Betrieb von Bordellen hingegen nicht. Diese Aufzählung ist also schon aus diesem Aspekt bedenklich. Und warum machen sich Straftäter nur „gegebenenfalls“ strafbar? Verstehe ich nicht. Die Aussage, dass es sich bei diesen um die „wahren Profiteure“ handelt, halte ich indes fĂĽr gefährliche Meinungsmache und das dann noch im Sinne einer Verschwörungstheorie. Denn profitieren heiĂźt Gewinn erzielen. Und das tun im Umfeld der Prostitution sowohl Betreiber, Vermieter, Werbeagenturen, Zeitungen, Anzeigeblätter, Onlineportale, Finanzbehörden, Kommunen… und selbstredend die Sexarbeiter_innen.

„Darum geht es den BefĂĽrworterInnen der Prostitution: Dass man in Deutschland auch in Zukunft ungehindert und straffrei mit der Ware Frau handeln kann.“

Ich erinnere: „Kriminalisierung von Prostituierten […] ist selbstverständlich auch nicht mit dem neuen Gesetz beabsichtigt.“ Was soll jetzt also dieser Sch… . Menschenhandel war und ist strafbar. Das wollen alle Parteien, sowohl Politik, NGOs, Prostituierten- und Unternehmerverbände als auch alle Einzelpersonen. Die obige Behauptung ist also nichts weiter als Verläumdung und Hetze.

„Jahresumsatz der Prostitutionsbranche allein in Deutschland im Jahr 2013 laut Statistischem Bundesamt 14,6 Milliarden Euro, Profitraten bis zu 1.000 Prozent.“

Was ein Dünnpfiff! Erstmal gab das Bundesamt selbst an, dass diese geschätzten 14,6 Mrd. der Jahresumsatz der Prostituierten sei. Prostitutionsbranche und Prostituierte ist ein Unterschied! Diese Differenzierung machen auch andere Zeitungen, Boulewardblätter usw. nicht. Teilweise spricht ein und die selbe Zeitung in einem Artikel noch vom Rotlichtgewerbe und im nächsten von den Prostituierten. Dass bei dieser Verfahrensweise am Ende nichts mit der Hochrechnung anzufangen ist, sollte eigentlich klar sein.

Genauer betrachtet wurde der Umsatz durch das Bundesamt (das originale Dokument ist im Netz scheinbar nicht mehr zu finden, zumindest finde ich es nicht) sogar unterteilt, laut investigativ.welt.de wie folgt:

– 5,475 Mrd. € in Bordellen

– 2,738 Mrd. € in der StraĂźenprostitution

– 3,65 Mrd. € bei Hostessendiensten

– 2,738 Mrd. € fĂĽr sonstige Prostitution

Was das mit der 1000-prozentigen Profitrate soll, völlig unklar. Und da es sich um den Umsatz handelt und nicht um den Gewinn, ist noch einiges an Geld abzuziehen. Das macht das Amt dann auch. Von den 14,6 Mrd. würden geschätzte 7,3 Mrd. Euro, also die Hälfte, für Kosten wie Mieten, Anzeigen, Kleidung, Kondome etc. wegfallen. Unklar auch hier, auf wie viele Sexarbeiter_innen sich das erwirtschaftete Geld aufteilen soll.

Fazit:

Wie hier dargestellt werden konnte, hat die EMMA keinesfalls Fakten geliefert. Noch hat sie schlüssige Gegenargumente einbringen können. Im Gegenteil handelt es sich dabei um billige Polemik, Meinungsmache, Propaganda und willentliche Falschinformation. Damit verletzten die Redakteurinnen des Blattes eindeutig diverse journalistische Grundsätze/den Pressekodex.

Zwar bringt das nicht viel mehr als eine öffentliche Rüge, aber Beschwerden wegen des Verstoßes gegen den Pressekodex können an den Presserat gesandt werden (hier lang).

Glücklicherweise haben in der Vergangenheit schon etliche Zeitungen, mehr oder weniger erfolgreich, den unsäglichen Aktionismus der EMMA-Herausgeberin Alice Schwarzer kritisiert bzw. Gegenstimmen zu Wort kommen lassen. Hier einige Beispiele:

– Basler Zeitung: „Im Bett mit Alice Schwarzer“

– Der Tagesspiegel: „Bordellchefin: Käuflicher Sex ist ein Menschenrecht“

– Die Welt: „Warum nur soll Prostitution ein Skandal sein?“

– FAZ: „Tun Sexarbeiterinnen ihre Arbeit gern?“

– RP Online: „Wie Alice Schwarzer Prostitution skandalisiert“

– taz: „Die WĂĽrde der Sexarbeiterinnen“

oder:

– ARD: „Rotlicht: Die verlogene Kampagne gegen die Prostituierten“

rmv

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