Nach Großrazzia Bordellbetreiber und „Hells Angels“-Chef festgenommen
Wie mehrere Tageszeitungen meldeten waren in Erfurt am Montagabend mehrere Wohnungen, eine Gaststätte, der von den „Hells Angels“ betriebene Club „Place 81“ sowie das Bordell „Arabella“ Ziel einer großangelegten Razzia der Polizei – Nach MDR-Informationen seien rund 30 Beamte sowie ein Videowagen und zwei Kastentransporter samt Spürhunde im Einsatz gewesen. Dabei wurden drei Männer festgenommen, unter ihnen der „Arabella“-Betreiber, sowie der Chef der örtlichen Hells-Angels-Gruppe. Am Dienstag wurde gegen die drei mehrfach vorbestraften Männer ein Haftbefehl erlassen. Ihnen wird zur Last gelegt, im Januar 2012 in das „Arabella“ eingebrochen, sämtliche Überwachungskameras unschädlich gemacht, den dort kürzlich aufgestellten Geldautomaten aufgebrochen und daraus 28.000 Euro erbeutet zu haben. Das Geld sollen die Männer unter sich aufgeteilt haben. Dem 45-jährigen Arabella-Chef wird zudem vorgeworfen, gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz verstoßen zu haben. Bei der Razzia wurde ein noch zu klassifizierender Gegenstand sichergestellt.
Alle Jahre wieder ’ne Bordellrazzia…
Der Fall um den im Januar 2012 aufgebrochenen Geldautomaten sei laut „Thüringer Allgemeine“ bisher nicht an die Öffentlichkeit gedrungen. Indes kam das „Arabella“ im März des selben Jahres, also nur zwei Monate später, wegen eines anderen Falls in die Schlagzeilen. Damals rückte die Steuerfahndung aus und durchsuchte mehrere Häuser und Wohnungen sowie das Büro eines Steuerberaters. Der Radiosender MDR 1 Radio Thüringen berichtete, dass die Betreiber des Arabella verdächtigt wurden, mehrere hunderttausend Euro an Steuern hinterzogen zu haben.
Auch 2011 war das am nördlichen Stadtrand von Erfurt gelegene Bordell Ziel einer Razzia. In jenem Fall war jedoch das Land die geprellte Partei. So sollen die Polizisten und LKA-Beamten bei der Stürmung des Eros-Centers einiges an Schaden hinterlassen haben. Laut Thüringer Allgemeine. Später soll Thüringen für den angerichteten Schaden eine Wiedergutmachung in fünfstelliger Höhe gezahlt haben.
2012 und 2013 musste sich der Arabella-Chef außerdem vor dem Erfurter Gericht verantworten, weil er im Januar 2010 angeblich Polizisten daran gehindert haben soll, nach einer Routinekontrolle das Bordell-Gelände mit ihrem Fahrzeug wieder zu verlassen.
Die bundesweiten Schlagzeilen rund um das Arabella lassen sich bis zu dessen Eröffnung zurückverfolgen. In den 90ern herrschte im Erfurter Rotlichtmilieu ein regelrechter Zuhälter- und Bandenkrieg – die Parteien: russische und türkische Mafiosi sowie deutsche Bordellbetreiber. 1997 bezeichnete der Spiegel die Auseinandersatzungen als „ein Lehrstück über Organisierte Kriminalität, angeblich korrupte Polizisten und die Art, wie Politiker aus einem kriminellen Desaster Kapital zu schlagen versuchen.“
So sollen 1996 größere Mengen Plastiksprengstoff gekauft worden seien, um das gerade eröffnete Eros-Center Arabella zu sprengen. Damals war es das erste behördlich voll konzessionierte Bordell der Stadt. Morde, Mordversuche, Erpressungen etc. waren in diesen Tagen im Milieu keine Seltenheit; Razzien an der Tagesordnung und Sonderkommissionen der Polizei die Regel.
Bei der Lektüre des Spiegel-Artikels vom Juni ’97 kommen einem heutige Berichte von der Anti-Prostitutions-Fraktion, in denen behauptet wird, früher (vor Abschaffung der Sittenwidrigkeit – mit dem ProstG von 2002) seien die Zustände evident besser gewesen, wie Hohn und Spott vor.
Zurück ins Jahr 2013: Das im Fokus der Ermittlung stehende „Hells Angels“-Lokal mit dem Namen „Place 81“ in der Magdeburger Allee wurde erst im Sommer des Jahres eröffnet. Das Vorgängerstammhaus musste, wie die TA berichtet, zuvor wegen angeblicher Geldprobleme aufgeben werden. Wie es bei Motorrad-Clubs üblich, ist eine gewisse Zahlensymbolik recht populär. So steht die 81 in „Place 81“ für die den Ziffern äquivalenten Buchstaben im Alphabet, also H und A, welche wiederum die Initialien für die Hells Angels sind. Inwieweit eine mögliche Verurteilung des Chefs des Erfurter Hells-Angels-Chapters auf den Weiterbetrieb des Lokals haben wird, bleibt erst einmal offen. Gleiches gilt für den Bordell-Betreiber und das Eros-Center. Noch hat es jedenfalls geöffnet.
rmv