Fortbildung Sexualassistenz

Beratungsstellen Pro Familia und Kassandra beendeten ersten Ausbildungskurs

Wenn Menschen mit Behinderung oder Bewohner in Altenheimen das Bedürfnis nach Sexualität und körperlicher Nähe verspüren, bleibt dies meist unerfüllt. Auch wenn jemand innerhalb der Wohneinrichtung einen Partner oder eine Partnerin findet, ist die Möglichkeit, mit diesem intim werden zu können, allenfalls klein. Wie dem Thema also begegnen? In der öffentlichen Wahrnehmung taucht es fast nicht auf oder es wird verdrängt: „Wer alt oder körperlich bzw. geistig beeinträchtigt ist, kann ja keine Libido, kein Verlangen, keinen Wunsch nach Zärtlichkeit haben. Und wenn doch, dann darf es nicht sein …“.

Der Umgang mit der Thematik ist also schwierig, fast unlösbar. Eine Möglichkeit, dem zu begegnen ist die Anstellung einer Sexualassistentin, einer Dienstleisterin, die eben jene Wünsche nach Körperlichkeit bedienen kann. Aber auch das ist problematisch. Sexarbeit/Prostitution ist ja immer noch ein Tabuthema, bzw. eines das öffentlich stigmatisiert wird. Wie also beides unter einen Hut bringen. Aufklären und Akzeptanz lehren, heißt des Rätsels Lösung, auch wenn das leichter gesagt als getan ist.

Über Sexualassistentinnen in Altenheimen haben wir hier ja schon einmal berichtet. Einen weiteren Schritt gingen nun die Nürnberger Prostituierten-Beratungsstelle „Kassandra“ und die Schwangeren- und Sexualberatungsstelle „Pro Familia“ gemeinsam. In einem deutschlandweit einmaligen Projekt, das im September 2012 begann, haben diese jetzt vier Frauen und zwei Männern zur Sexualassistentin bzw. zum Sexualassistenten (alternativ zum Begriff Sexualassistenz ist auch Sexualbegleitung geläufig) ausgebildet. Einen umfangreichen Bericht, in welchem die Teilnehmer und die Ausbilderinnen interviewt wurden und der Beruf als das dargestellt wird was er ist, nämlich ein sozialer innerhalb des Dienstleistungssektors, hat die Süddeutsche Zeitung auf ihrem Onlineportal veröffentlicht: „Kurs für Prostituierte. Jenseits aller Tabus“. Allerdings richtete sich der Kurs nicht notwendigerweise an Prostituierte. So sei einer der beiden männlichen Teilnehmer Sozialarbeiter gewesen, eine der Teilnehmerin immer noch Altenpflegerin.

Dass eine solche Fort- bzw. Ausbildung nicht nur sinnvoll sondern auch seriös und weitab irgendwelcher vorverurteilenden Klischees ist, zeigen auch die inhaltlichen Themenschwerpunkte. Laut Ausschreibung auf Kassandra-nbg.de standen Unterrichtsmodule wie z.B. Rechtliche Grundlagen, Prävention und Hygiene, Erste Hilfe im Allgemeinen und Besonderen oder Kenntnisse über Behinderungen und altersbedingte Besonderheiten.

Glückwunsch jedenfalls an Kassandra und Pro Familia für diesen gelungenen Auftakt.

Wer sich auf amüsante Art und Weise mit dem Thema Sexualität und Behinderung auseinandersetzen will, dem sei hier noch einmal der Film “Hasta La Vista. Pflücke das Leben” empfohlen.

rmv

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