Untersuchung soll bis zum 1. Juli 2025 dem Deutschen Bundestag vorgelegt werden
Wie das Bundesfrauenministerium gestern offiziell bekannt gab (hier), ist das Kriminologische Forschungsinstitut Niedersachsen e.V. mit der Evaluation des „Gesetz zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen“ beauftragt worden. Die Untersuchung des 2017 in Kraft getretenen Gesetzes ist in selbigem festgelegt.
In § 38 heißt es:
„Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend evaluiert die Auswirkungen dieses Gesetzes auf wissenschaftlicher Grundlage unter Einbeziehung der Erfahrungen der Anwendungspraxis und eines wissenschaftlichen Sachverständigen, der im Einvernehmen mit dem Deutschen Bundestag zu bestellen ist. Die Evaluation setzt am 1. Juli 2022 ein. Der Evaluationsbericht ist dem Deutschen Bundestag spätestens am 1. Juli 2025 vorzulegen.“
Laut Pressestelle des BMFSFJ wurde das Kriminologische Forschungsinstitut Niedersachsen „in einem europaweiten Vergabeverfahren und einvernehmlich mit dem Deutschen Bundestag ausgewählt“. Aufgabe des Instituts werde es nun sein, mittels wissenschaftlicher Methoden zu überprüfen, ob das ProstSchG seine Ziele wie u.a. die Eindämmung von Menschenhandel und Zwangsprostitution oder die behördliche Erfassung aller in der Prostitution tätigen Menschen erreicht habe? Klären wolle man zudem die Fragen, wie sich das Gesetz auf die Sexarbeiter:innen als auch die Betreiber:innen von Prostitutionsstätten ausgewirkt habe.
Warum gerade ein kriminologische Forschungsinstitut für die Evaluation einer legalen Tätigkeit zuständig sein soll, erschließt sich einem nach der Lektüre der Pressemitteilung jedoch nicht. Hier heißt es lediglich, das KFN arbeite mit wissenschaftlichen Methoden. Eine Selbstverständlichkeit also als Begründung. Hmmm. Aber warum denn nun ein kriminologisches Institut? Laut Selbstverständnis des KFN, betreibe und fördere es als selbstständige Forschungseinrichtung grundlagen- und praxisorientierte kriminologische Forschung. Zu dessen Forschungsberichten der vergangenen Jahre gehören bspw. Arbeiten zu den Themen Rockerkriminalität, „Cyberangriffe gegen Unternehmen“ oder „Strafvorschriften zur Bekämpfung des Menschenhandels„.
Menschenhandel! Hier liegt also einmal mehr der Hase im Pfeffer. Das Bundesfrauenministerium weicht trotz gegenläufiger Erkenntnisse der letzten 20 Jahre seitens der Bundeskriminalstatistik und dem „Bundeslagebild Menschenhandel“ nicht vom stigmatisierenden und victimisierenden Meinungsbild ab, Prostitution werde zu großen Teilen aufgrund von Entführung, Zwang und Nötigung durch Dritte ausgeübt. Ein Meinungsbild, dass Sexarbeitende persé zu Opfern stilisiert. Ein Meinungsbild das aktuell wieder von abilitionistischen Einzelpersonen und Organisationen inflationär und flächendeckend verbreitet sowie von Medien und -formaten unkritisch angenommen wird. Ein Meinungsbild, mit welchem stets über ein riesiges Dunkelfeld geraunt wird. Dieser Denke zufolge sei kriminologische Forschung zum Thema Sexarbeit a priori die einzig angebrachte Forschung…. Na dann passt es ja auch, dass hannoveranische Institut den Zuschlag bekam.
Zum Vermerk: Die wissenschaftliche und methodische Arbeit des KFN soll hier nicht im Mindesten in Zweifel gezogen werden. Einzig die Auftragsvergabe durch das Bundesministerium.
Bleiben wir gespannt, was die Evaluation hergeben wird. Und bleiben wir gespannt, dass bis zum Forschungsabschluss die derzeitigen, unredlich geführten Kampagnen kontra Sexarbeit und Freier – demnach auch kontra die aktuelle Gesetzeslage – möglichst wirkungslos verpuffen und ab 2025 vom Tisch sein werden.
rde