Nordländer werden Sexarbeit wieder zulassen

Naja, einige – Mecklenburg-Vorpommern bleibt taub und blind

Wie mehrere Medien gestern schrieben, soll Prostitution in mehreren Nordländern wieder möglich sein. So schreibt u.a. der NDR, das dies nach Niedersachsen nun auch in Hamburg, Schleswig-Holstein und Bremen (ab dem 15. September) der Fall sein werde und verweißt dabei auf die Hamburger Sozialsenatorin Melanie Leonhard (SPD). „Das Vorgehen sei mit den anderen Bundesländern wie auch mit Niedersachsen abgesprochen“, heißt es.

Leonhard zufolge sei dies eine Entscheidung „im Lichte von Gerichtsentscheidungen“ gewesen. Zuvor hatte in mehreren Bundesländern Sexarbeiterinnen und Bordellbetreiber geklagt. Auch mit Demonstrationen hatte das Gewerbe auf die eigene Lage aufmerksam gemacht. Zuletzt kippte das OVG NRW das Prostitutionsverbot, denn „angesichts der Öffnung von Fitness-Studios oder dem Recht auf private Feiern“ sei dies nicht mehr verhältnismäßig.

Indes steht eine offizielle Stellungnahme seitens des Landes Mecklenburg-Vorpommern aus. Oder doch nicht? Denn im Bericht „Sieben Bundesländer mit Auflagen. Erste Bordelle dürfen wieder öffnen“ auf tagesschau.de wurde am Dienstag MeckPomm zu den genannten Nordländern dazugezählt:

„Die Nordländer Schleswig-Holstein, Hamburg, Niedersachsen, Bremen und Mecklenburg-Vorpommern einigten sich heute auf eine Aufhebung des Verbots von Sexarbeit ab dem 15. September.“

Was weiß man bei der Tagesschau, was sonst niemand weiß? Denn bis heute spielt man in der Staatskanzlei MV auf Zeit, gibt keine verwertbaren Informationen zu Stand der Gespräche heraus.

In unserem Beitrag vom 26.08. haben wir gesagt:

„Die Landesregierung mit Manuela Schwesig an ihrer Spitze verweigert sich einer Auseinandersetzung. Die Folge: Sexarbeit bleibt verboten. Punkt. Finanzielle oder freiheitsrechtliche Strafen aber kennt man nicht, sind nicht kommuniziert. Es gibt keine Statistik, keine Werte, keine prüfbaren Zahlen für die Rechtfertigung eines solchen Arbeitsverbotes. Gerade erst dieser Tage hat sich Frau Schwesig, bei einer offenen Fragerunde auf das Thema angesprochen, taub gestellt. War auch nicht anders zu erwarten.“

Daran hat sich bis heute nichts geändert. Nicht mal eine Pressemitteilung oder eine Erwähnung des Themas in einer themenübergreifenden PM hat die Staatskanzlei herausgegeben. Frau Schwesig will das „Nordische Modell“, das wird einmal mehr deutlich. Gleichberechtigung sowie arbeitsrechtliche und gesellschaftliche Anerkennung der Männer und Frauen in der Sexarbeit wird gekonnt negiert.

Ein paar Auflagen bei der Sexarbeit:

– Mund und Nase müssen bei der Arbeit bedeckt sein.

– Termine müssen schriftlich fixiert werden.

– Die Kontaktdaten der Kunden müssen aufgenommen werden.

– Beim Sex darf kein Alkohol konsumiert werden.

Moralisieren gegen Sexarbeit weiterhin an der Tagesordnung

Wie moralisch armselig ein Teil der „Aufklärer“ und „Meinungsbildner“ argumentieren, wird auch im aktuellen Beitrag auf Welt.de „Das neue Normal der Prostitution“ (vom Redaktionsleiter Hamburg, Jörn Lauterbach verfasst) deutlich. Vor allem, weil Lauterbach nicht mal den Mut hat, seine Abneigung gegen die Prostituierte, klar zu formulieren. Stattdessen verunglimpft er sie versteckt zwischen den Zeilen, spricht ihnen ihr Recht auf Arbeitsausübung ab, zählt Hamburgs Sexarbeiterinnen zu den „Gewinnerinnen“ der Corona-Krise, suggeriert in einem ironischen Unterton, deren Rechte würden in politischen Diskussion längst in einem Atemzug mit anderen Berufsgruppen verhandelt werden. Was allerdings keineswegs stimmt, denn es sind meistens Gerichtsverfahren, die die Prostitution wieder legalisieren.

Auch schreibt der Welt-Redakteur (natürlich wieder mit Ironie):

„Das schlägt sich auch in der Sprache nieder, aus Bordsteinschwalben wurden Huren wurden Nutten wurden Prostituierte, was durch den lateinischen Wortstamm schon mal besser klang, aber noch nicht den Alltag der Anbieterinnen abbildete. Deswegen gibt es jetzt die Sexarbeiterinnen, und wer arbeitet, der ist natürlich in der Mitte der Gesellschaft angekommen, was sich nun auch in dem politischen Umgang widerspiegelt.“

Ironischen Ton erkannt? Nein? Also, weil Sexarbeiterinnen eben nicht in der Mitte der Gesellschaft angekommen sind und der politische Umgang mit diesen weiterhin ausgrenzend und verunglimpfend geführt wird, ist obiges Zitat als genau das Gegenteil zu verstehen. Scheinbar wünscht sich Lauterbach einen sprachlichen Rückwärtsgang. Sexarbeitende und Prostituierte möchte er wohl wieder als Nutten und Bordsteinschwalben tituliert wissen.

Na vielen Dank auch für diesen diskriminierenden Kommentar. Da merkt man gleich, dass Welt und Bild Hand in Hand gehen…

Sexarbeiter_innen ehrlich unterstützen! Aber wie?

Wer es aber ernst meint damit, die Frauen, Männer und Trans in der Sexarbeit in ihren Rechten zu stärken, den seien folgende Apelle/Petitionen ans Herz gelegt:

sexarbeit-gleichstellen.de/

Streichelpetition Sicher & Legal (Wiedereinstieg für erotische Dienstleitungen. Mit gutem Schutz- und Hygienemaßnahmen für unsere Gesundheit.)

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