Belgien hat als erstes europäisches Land die Prostitution vollständig entkriminalisiert. Der entsprechende Tatbestand wurde aus Strafgesetzbuch gestrichen. Dies entschied die zuständige erste Kammer des Bundesparlaments des deutschen Nachbarlandes. Bestrafungen, wie es sie noch immer in Schweden und Norwegen gibt, sind damit ausgeschlossen. Anders als beispielsweise in der Bundesrepublik oder in Griechenland unterliegen Erwerb und Angebot sexueller Dienstleistungen zudem nicht strengen Regulierungen.
Personen, die in dem entsprechenden Gewerbe arbeiten, sollen auf diese Weise mehr Freiheiten erhalten und sich besser absichern können. Zugleich verschärfte Belgien ebenfalls den Kampf gegen die Zwangsprostitution und verabschiedete härtere Strafen gegen Vergewaltigungen. Dieser Schritt verdeutlicht, dass die Entkriminalisierung sexueller Dienstleistungen nicht als Einladung zum Missbrauch verstanden werden darf.
Belgische Sexarbeiter:innen profitieren mehrfach von der Legalisierung
Durch die Legalisierung der Prostitution gewinnen die belgischen Arbeiter:innen des Gewerbes eine ganze Reihe von Vorteilen, die ihrer persönlichen Situation helfen. Beispielsweise können sie fortan problemlos mit anderen Berufsgruppen zusammenarbeiten. Hierzu zählen beispielsweise Steuerberater, Buchhalter, Fahrer oder auch Sicherheitsleute. Sie können ĂĽberdies leichter Räumlichkeiten anmieten, um ihre Tätigkeit auszuĂĽben. Bislang war dies nicht möglich, weil ihre EinkĂĽnfte illegal waren – und sich die anderen Personen durch die Annahme des Geldes ebenfalls strafbar gemacht hätten.
Bislang konnten belgische Sexarbeiter:innen zudem keine Kredite erhalten, um beispielsweise eigene Etablissements zu finanzieren. Dies hatte zur Folge, dass sie entweder auf kostengünstige Räumlichkeiten ausweichen mussten, die oft in sozial schwachen Stadtvierteln liegen. Oder sich das Geld von Privatpersonen zu leihen hatten, was sie abhängig machte. Kriminelle Strukturen im Bereich der Prostitution profitieren überall maßgeblich davon, dass der legale Weg zu Geldmitteln nur sehr schwer zu gehen oder sogar komplett versperrt ist. Belgien hat dieses Hindernis beseitigt.
UTSOPI, die Sexarbeiter:innen-Organisation des Landes, lobt den Schritt deshalb ausdrĂĽcklich: Die Reform sei „der Höhepunkt eines Kampfes“, den die Beschäftigten des Gewerbes seit 30 Jahren fĂĽhrten. Sie beende „den kontraproduktiven Diskurs der Viktimisierung“ der Sexarbeiter:innen. Diese seien dadurch „nur weiter stigmatisiert“ und von anderen abhängig gemacht worden. Der Kampf werde aber nicht nur in Belgien gefĂĽhrt. Rund um den Globus kämpften Hunderttausende Personen fĂĽr die Rechte, die es nun in Belgien gibt.
Verschärfung der Strafen für Zwangsprostitution und Vergewaltigung
Freier-Gewalt ist eines der Probleme, mit denen Sexarbeiter:innen alltäglich konfrontiert werden. Durch die Legalisierung der Prostitution ist zu erwarten, dass die Zahl der Kunden steigt – und damit potenziell auch die der gewaltsamen Ăśbergriffe. Um dies zu verhindern, hat das belgische Parlament die Strafe fĂĽr Vergewaltigungen verschärft. Sie liegt jetzt bei bis zu zehn Jahren Haft und ist damit doppelt so lang wie bislang. Ăśberdies wurden auch die Strafen fĂĽr Zwangsprostitution angehoben. Jegliches Ausnutzen sexueller Dienste anderer Personen wird dabei geahndet. Zuhälterei soll auf diese Weise schon im Keim erstickt werden.
Zusätzliche Quellen: