Etwas spĂ€t aber nicht zu spĂ€t veröffentlichte die Rostocker Landesfachstelle fĂŒr sexuelle Gesundheit und Familienplanung „inteam“ kĂŒrzlich die diversen VortrĂ€ge von der bereits im April stattgefundenen Fachtagung „Prostitution in MV“. Die entsprechenden Berichte ĂŒber die einseitige mediale Berichterstattung als auch den Umstand, dass keinerlei Branchenvertreter sowie keine Fachkundigen Mitglieder vom âBerufsverband erotische und sexuelle Dienstleistungenâ, von bufas oder UEDG eingeladen wurden, sind hier und hier zu finden.
Die Referenten des Fachtags waren:
– Ruth Niebuer – Bundesministerium fĂŒr Familie, Senioren, Frauen und Jugend
– Dr. med. M. Schwarz – Gesundheitsamt Hansestadt Rostock
– OA Dr. med. Roland Wandschneider – Psychiatrische Institutsambulanz Klinik und Poliklinik fĂŒr Psychiatrie und Psychotherapie UniversitĂ€tsmedizin Rostock
– Nicole Asbrock – AWO- Kreisverband Schwerin- Parchim e.V.
– Silke Kramm – Kriminalhauptkommissarin, Bezirkskriminalinspektion Kiel, K2 â Ermittlungsgruppe Milieu
– Torsten Blauch – Kriminalhauptkommissar, Kriminalpolizeiinspektion Neubrandenburg
– Brigitte Thielk – Gleichstellungsbeauftragte der Hansestadt Rostock
Im Unterschied zur Berichterstattung von NDR und SVZ zeigen die VortrĂ€ge viele interessante, teils ĂŒberraschende Informationen und Standpunkte auf. Die allgemeine Auffassung ĂŒber das Thema Prostitution ist erstaunlich differenziert, liberal und sozial. Leider sind einiger der Powerpoint-PrĂ€sentationen selbst etwas dĂŒrftig. Die nĂ€her und tiefer gehenden Ausarbeitungen sind nicht veröffentlicht. Schade eigentlich. So berichtet „inteam“, dass z.B. Dr. med. Roland Wandschneider mit seinem Vortrag zu »Sexuellen Traumatisierungen“ das Anbieten von sexuellen Dienstleistungen unter psychologischer Sicht entdramatisieren konnte. Leider gibt auch bei ihm die Powerpoint-PrĂ€sentationen allein nur begrenzt etwas her.
Interessantes:
âą die Konzepterstellung fĂŒr eine Beratungsstelle „Prostitution in Rostock“ durch den Verein „Frauen helfen Frauen e.V“ dauert bereist seit 2011 an
âą Aussage des Gesundheitsamtes Rostock: „Die Prostituierteâ gibt es nicht, zu unterschiedlich sind die einzelnen Lebenswege!“ … Die berliner Sozialarbeiterin Wiltrud Schenk wird zitiert: „Die StĂ€rkung der Rechte der Prostituierten und eine Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen in der Sexarbeit sind der beste Schutz vor Menschenhandel⊓
âą expliziter Hinweis von Frau Ruth Niebuer (BMFSFJ): „Prostitution wurde nicht erst durch ProstG legalisiert Die Prostitution an sich war in der Bundesrepublik noch nie verboten, allerdings unterlag sie immer diversen EinschrĂ€nkungen. Verboten waren und sind verschiedene Formen des Profitierens von der Prostitution anderer, z.B. ZuhĂ€lterei.“
âą Niebuer zum Standpunkt des Ministeriums bezĂŒglich des ProstG weiter: „RĂŒckkehr zur alten Rechtslage wĂŒrde nicht zu mehr Schutz fĂŒr die Betroffenen fĂŒhren. DasâSchwedische Lösungâ (= Sexkaufverbot) ist â jedenfalls fĂŒr Deutschland â keine Alternative.“
âą OA Dr. med. Roland Wandschneider zum Thema „Prostitution und Traumatisierung“: Probleme der Forschung seien:
– als ĂŒberzogen und ausgesprochen unangenehm erlebte KontrollaktivitĂ€t von Polizei und Ordnungsbehörden
– verfĂ€lschend und diskriminierend empfundene Medienberichterstattung
– kritisch betrachtete Grenzziehung zwischen einer anerkannten Welt des „Normalen“ und einer davon unterschiedenen und als abgewertet wahrgenommenen Welt der Prostitution.
kritisch zu betrachtende Bemerkungen/Standpunkte sowie Sachlagen:
âą BMFSFJ:
– „Zugang zu ProstitutionsstĂ€tten zwecks ĂberprĂŒfung der Arbeitsbedingungen nur sehr beschrĂ€nkt möglich.“
– Ziel:“StĂ€rkere Regulierung der Prostitution und verbesserte ordnungsbehördliche Kontrollmöglichkeiten“
âą Rechtslage nach dem Sicherheits- und Ordnungsgesetz M-V
§ 29 IdentitÀtsfeststellung (SOG M-V)
(1) Die IdentitĂ€t einer Person darf zur Abwehr einer im einzelnen Falle bevorstehenden Gefahr festgestellt werden. DarĂŒber hinaus dĂŒrfen Polizeivollzugsbeamte die IdentitĂ€t einer Person feststellen,
1. wenn sie sich an einem Ort aufhÀlt,
a) fĂŒr den tatsĂ€chliche Anhaltspunkte bestehen, dass
aa) dort Personen Straftaten verabreden, vorbereiten oder verĂŒben,
bb) sich dort gesuchte StraftÀter verbergen,
cc) sich dort Personen treffen, die gegen aufenthaltsrechtliche Vorschriften verstoĂen, oder
dd) dort Personen dem unerlaubten GlĂŒcksspiel nachgehen oder
b) an dem Personen der Prostitution nachgehen,
(2) Es dĂŒrfen die zur Feststellung der IdentitĂ€t erforderlichen MaĂnahmen getroffen werden. Insbesondere kann verlangt werden, dass die betroffene Person Angaben zur Feststellung ihrer IdentitĂ€t macht sowie mitgefĂŒhrte Ausweispapiere zur PrĂŒfung aushĂ€ndigt. Die betroffene Person darf angehalten werden.
§ 59 Betreten und Durchsuchung von RÀumen (SOG M-V)
(1)Das Betreten von Wohn- und GeschĂ€ftsrĂ€umen oder eines befriedeten Besitztums ist gegen den Willen des Inhabers nur zulĂ€ssig, wenn dies zur VerhĂŒtung einer erheblichen Gefahr fĂŒr die öffentliche Sicherheit oder Ordnung erforderlich ist.
(2)Arbeits-, Betriebs- und GeschĂ€ftsrĂ€ume sowie andere RĂ€ume und GrundstĂŒcke, die der Ăffentlichkeit zugĂ€nglich sind, dĂŒrfen zum Zwecke der Gefahrenabwehr wĂ€hrend der Arbeits-, GeschĂ€ftsâ oder Aufenthaltszeit betreten werden.
(4) WĂ€hrend der Nachtzeit (§ 104 Absatz 3 der Strafprozessordnung) ist das Betreten und die Durchsuchung nur zur Abwehr einer gegenwĂ€rtigen erheblichen Gefahr zulĂ€ssig. Dies gilt nicht fĂŒr das Betreten von RĂ€umen,
1. die zur Nachtzeit jedermann zugÀnglich sind,
2. wenn tatsĂ€chliche Anhaltspunkte dafĂŒr bestehen, dass
a) dort Personen Straftaten verabreden, vorbereiten oder verĂŒben,
b) sich dort Personen treffen, die gegen aufenthaltsrechtliche Vorschriften verstoĂen,
c) sich dort gesuchte StraftÀter verbergen oder
d) dort Personen dem unerlaubten GlĂŒcksspiel nachgehen, oder
3. die der Prostitution dienen.
Wer sich die VortrÀge als PDF downloaden will, der finde sie hier.
rmv