Sexarbeit in MV weiter möglich | Sachsen macht derweil die Schotten dicht

3G-Regel in Prostitutionsstätten in Mecklenburg-Vorpommern

Die Corona-Landesverordnung Mecklenburg-Vorpommern (Corona-LVO M-V) vom 23. November 2021 hat wieder einiges an Regeländerungen mit sich gebracht. Glücklicherweise beinhaltet sie diesmal keine Untersagung der Sexarbeit. Nachdem die Landesregierung bis zum Juni 2021 – wir erinnern uns – ein 15 Monate andauerndes Arbeitsverbot durchdrücken konnte, ist das jetzt keine Selbstverständlichkeit. Zumindest vorerst dürfen Sexworker:innen Gäste empfangen. Dabei gilt, und das ist irgendwie doch erstaunlich, weiterhin die 3G Regel (getestet, genesen, geimpft). Man hätte hier annehmen können, dass der Gesetzgeber für das Prostitutionsgewerbe eine Verpflichtung zu 2G oder 2G+ vorsieht. Dem ist aber noch nicht so.

Aber gucken wir mal genau auf die Corona-LVO M-V. In § 2 Abs. 30 heißt es:

„Die Erbringung sexueller Dienstleistungen im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 des Prostituiertenschutzgesetzes sowie die Ausübung des Prostitutionsgewerbes im Sinne des § 2 Absatz 3 Nummern 1 und 4 des Prostituiertenschutzgesetzes sind erlaubt. Es besteht die Pflicht, die Auflagen aus Anlage 29a einzuhalten. Die Inanspruchnahme der Dienstleistungen ist nur für solche Personen gestattet, die den Nachweis über ein negatives Ergebnis einer gemäß § 1a durchgeführten Testung auf eine Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 vorlegen.“

Die zweieinhalb seitige Anlage 29a ist da schon deutlich umfangreicher. Nicht nur das. Sie kommt zudem mit einigen lachhaften, gar unnötigen Vorgaben daher. Das wichtige haben wir mal rot markiert. Unnötige, weil selbstverständliche oder aber absurde Hinweise sind gelb. Schonmal vorweg: die weiterhin bestehende Pflicht zur Erfassung und Dokumentation von Kontaktdaten (in Form einer Anwesenheitsliste / digitale Lösungen werden empfohlen aber nicht näher spezifiziert) ist folgend ebenfalls rot markiert. Wenngleich wir wissen, dass eine Kundenkartei mit voller Offenlegung der persönlichen Daten rein aus praktischer Sicht und aus der Notwendigkeit heraus, dass Kunden normalerweise anonym bleiben, eher in die Kategorie absurde Regel gehört. Schaut selbst:

Anlage 29a zu § 2 Absatz 30

Auflagen für Prostitution

I. Allgemeine Auflagen

1. Die Kundinnen und Kunden sowie Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter sind im Innenbereich in einer Anwesenheitsliste zu erfassen, die mindestens die folgenden Angaben enthalten muss: Vor- und Familienname, vollständige Anschrift, Telefonnummer sowie Datum und Uhrzeit der Dienstleistung. Die Anwesenheitsliste ist vom Betreiber für die Dauer von vier Wochen nach Ende der Dienstleistung aufzubewahren und der zuständigen Gesundheitsbehörde im Sinne des § 2 Absatz 1 Infektionsschutzausführungsgesetz Mecklenburg- Vorpommern auf Verlangen vollständig herauszugeben. Die zu erhebenden personenbezogenen Daten dürfen zu keinem anderen Zweck, insbesondere nicht zu Werbezwecken, weiterverarbeitet werden. Die Informationspflicht nach Artikel 13 der Datenschutz-Grundverordnung kann durch einen Aushang erfüllt werden. Die Anwesenheitsliste ist so zu führen und zu verwahren, dass die personenbezogenen Daten für Dritte, insbesondere andere Kundinnen und Kunden, nicht zugänglich sind. Wenn sie nicht von der Gesundheitsbehörde angefordert wird, ist die Anwesenheitsliste unverzüglich nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist zu vernichten. Die Personen, die sich in die Anwesenheitsliste einzutragen haben, sind verpflichtet, vollständige und wahrheitsgemäße Angaben zu den Daten zu machen. Die oder der zur Datenerhebung Verpflichtete hat zu prüfen, ob die angegebenen Kontaktdaten vollständig sind und ob diese offenkundig falsche Angaben enthalten (Plausibilitätsprüfung). Personen, die die Erhebung ihrer Kontaktdaten verweigern oder unvollständige oder falsche Angaben machen, sind von der Tätigkeit beziehungsweise der Inanspruchnahme der Leistung auszuschließen. Die verpflichtende Dokumentation zur Kontaktnachverfolgung soll in elektronischer Form erfolgen. Hierbei entfällt die Verpflichtung, eine Plausibilitätsprüfung durchzuführen.

2. Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter im Sinne von § 2 Absatz 2 ProstSchG, die nicht in einer Prostitutionsstätte tätig sind, haben ein Hygiene- und Sicherheitskonzept zu erstellen, welches umzusetzen und auf Anforderung der zuständigen Gesundheitsbehörde im Sinne des § 2 Absatz 1 Infektionsschutzausführungsgesetz Mecklenburg- Vorpommern vorzulegen ist.

3. Für Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter, andere Mitarbeiter mit Kundenkontakt sowie Kundinnen und Kunden besteht die Pflicht, medizinische Gesichtsmasken (zum Beispiel OP-Masken gemäß EN 14683) oder Atemschutzmasken (gemäß Anlage der Coronavirus-Schutzmasken-Verordnung – SchutzmV in der jeweils aktuellen Fassung, zum Beispiel FFP2-Masken) zu tragen, sofern dies im Rahmen der Erbringung oder Entgegennahme der Dienstleistung möglich ist. Menschen, die aufgrund einer medizinischen oder psychischen Beeinträchtigung oder wegen einer Behinderung keine medizinische Gesichtsmaske (Mund-Nase-Schutz (MNS) nach DIN 14683 oder Atemschutzmaske) tragen können und dies durch eine ärztliche Bescheinigung nachweisen können, ausgenommen sind. Das Abnehmen der medizinischen Gesichtsmaske (Mund-Nase-Schutz (MNS) nach DIN 14683 oder Atemschutzmaske) ist unter Einhaltung des Mindestabstandes von 1,5 Meter zulässig, solange es zur Kommunikation mit Menschen mit Hörbehinderung, die auf das Lippenlesen angewiesen sind, erforderlich ist.

4. Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter sowie Kundinnen und Kunden sind in geeigneter Weise darauf hinzuweisen, dass bei akuten Atemwegserkrankungen die Tätigkeit beziehungsweise die Inanspruchnahme der Leistung ausgeschlossen ist, sofern sie nicht durch ein ärztliches Attest nachweisen können, dass sie nicht an COVID-19 erkrankt sind.

5. Eine Inanspruchnahme der Dienstleistungen ist nur zulässig für Kundinnen und Kunden, die den Nachweis über ein negatives Ergebnis einer gemäß § 1a durchgeführten Testung auf eine Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 vorlegen. Diese Vorgabe gilt für geimpfte und genesene Personen gemäß § 3 Absatz 2 COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmeverordnung als erfüllt.

6. An der erotischen / prostitutiven Dienstleistung (wie zum Beispiel dem Angebot und der Entgegennahme von vaginalem, oralem oder analem Geschlechtsverkehr) dürfen nicht mehr als zwei Personen gleichzeitig beteiligt sein oder sich im selben Raum aufhalten.

7. Nach jedem Kundenkontakt hat eine gründliche Händewaschung zu erfolgen.

8. Direkte Kundenkontaktflächen sind nach jedem Kundenbesuch mit handelsüblichen Reinigungsmitteln zu säubern. Flächen, die mit Körpersekreten in Kontakt gekommen sind, sind nach der Behandlung mit einem mindestens begrenzt viruzid wirksamen Flächendesinfektionsmittel zu desinfizieren oder zu tauschen (z.B. Bettwäsche, Handtücher). Ist eine ausreichende Desinfektion von Gegenständen nicht sicherzustellen, sind diese personenbezogen oder als Einmalprodukte zu nutzen.

9. Der Konsum von Alkohol oder stimulierenden Substanzen ist nicht zugelassen.

II. Auflagen für Prostitutionsstätten

1. Es ist ein einrichtungsbezogenes Hygiene- und Sicherheitskonzept zu erstellen, welches umzusetzen und auf Anforderung der zuständigen Gesundheitsbehörde im Sinne des § 2 Absatz 1 Infektionsschutzausführungsgesetz Mecklenburg-Vorpommern vorzulegen ist.

2. Es ist ein ergänzendes Konzept zur Verringerung der Aerosole-Belastung in den Räumen unter Berücksichtigung wesentlicher Faktoren wie Raumgröße (zum Beispiel regelmäßige Lüftung der Räumlichkeiten, das heißt mindestens nach jedem Kundenkontakt) und Kundendichte zu entwickeln und umzusetzen.

3. Die Betreiberinnen und Betreiber haben Vorkehrungen zu treffen und sicherzustellen, dass Warteschlangen und Ansammlungen insbesondere in den Eingangsbereichen vermieden werden.

4. Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter sowie Kundinnen und Kunden sind in geeigneter Weise darauf hinzuweisen, dass bei akuten Atemwegserkrankungen die Tätigkeit beziehungsweise die Inanspruchnahme der Leistung ausgeschlossen ist, sofern sie nicht durch ein ärztliches Attest nachweisen können, dass sie nicht an COVID-19 erkrankt sind.

5. Die Erbringung sexueller Dienstleistungen in Prostitutionsfahrzeugen im Sinne von § 2 Absatz 5 ProstSchG ist unzulässig.

6. Prostitutionsveranstaltungen im Sinne von § 2 Absatz 6 ProstSchG sind unzulässig.

III. Auflagen für Prostitutionsvermittlungen

Die Vermittlung darf sich ausschließlich auf Örtlichkeiten beziehen, die nicht von einem normierten Verbot umfasst sind.

Da wird man schon das eine oder andere Mal stutzig, oder? Während in MV mit Stand gestern (24.11) eine 7-Tage-Inzidenz von 348,0 haben (Geimpfte: 97,1; Ungeimpfte: 773,4), sieht es derzeit in Sachsen katastrophal aus.

Verbot in Sachsen

Im Bundesland Sachsen wurde gestern (24.11.) eine Inzidenz von 935,8 erfasst. Wenngleich die 7-Tage-Inzidenz Hospitalisierung dem Sozialministerium zufolge erfreulicherweise nur bei 6,14 liegt. Aufgrund der dramatischen Entwicklung im Süden Deutschlands müssen einmal mehr die Sexarbeiter:innen leiden. So sieht die Sächsische Corona-Notfall-Verordnung vom 19. November 2021 folgendes vor:

§ 9 Dienstleistungen

(5) Prostitution ist untersagt.

Ja, das war es. mehr gibt die Verordnung nicht her. Zumachen, bums, fertig. Man muss aber dazu sagen, dass derzeit auch die Öffnung anderer Gewerbe wie z.B. Reisebüros, Versicherungsagenturen, Vermögensberatungsbüros oder körpernahe Dienstleistungen, die nicht medizinischen, therapeutischen oder pflegerischen Zwecken dienen, verboten ist.

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