„Wir begehren! – Sex und Hurerei in der Menschheitsgeschichte“ Teil 2
Hurerei, Seitensprünge und Ehebruch, Vielweiberei, Orgien, Nymphomanie, sexuelle Eskapaden, Fetischismus… das sind keine Erfindungen heutiger Tage, das hat es schon immer gegeben! Prostitution ist kein Problem, sondern ein Arragement. Sadomasochismus gehört genauso zu unserer Sozial- und Kulturgeschichte wie die Verwendung von Sexspielzeugen. Leidenschaft ist nichts, was einzig verheirateten Paaren vorbehalten ist… . Seit Anbeginn der Geschichtsschreibung gibt es Zeugnisse dafür, dass der Mensch ein lüsternes, sexuell freizügiges und vergnügungssüchtiges Wesen ist. Weder selbsternannte Moralapostel noch von irgendwem beauftragte Sittenwächter haben dies ändern können.
Dass eine gesunde Gesellschaft aber immer auch einer sexuellen Vielfalt bedarf, ist für viele Menschen leider schwer zu verstehen. Mit der Reihe „Wir begehren! – Sex und Hurerei in der Menschheitsgeschichte“ möchte ich versuchen, aufzuklären, Blickwinkel zu erweitern, unverkennbare Parrallelen zur Gegenwart aufzuzeigen, zu einem liberalen Denken zu ermutigen.
Teil 2: Theresa Berkley – die „Königin ihrer Profession“
Vielleicht leben wir heute in der sexuell liberalsten und aufgeklärtesten Zeit seit bestehen der Aufzeichnungen. Vielleicht, doch das heißt nicht, dass sexuelle Ausschweifungen, Prostitution oder Körperkulte eine Erfindung unserer Tage sind. So behauptet Reinhold Dörrzapf in seinem Buch „Eros, Ehe, Hosenteufel“, in Europa sei Prostitution zu keiner Zeit gößer gewesen als im 19. Jahrhundert. Ein sogenannter „Leiter zur Unterdrückung des Lasters“ der englischen Krone habe im Jahr 1839 die Zahl der Londoner Prostituierten auf 80.000 geschätzt. In Berlin soll um 1846 herum laut einem Herrn Dronke jede 8te Frau (unter den 17-45-Jährigen) eine Prostituierte gewesen sein, die rund 5.000 der Unzucht nachgehenden weibliche Dienstboten noch nicht mit einbegriffen. Und das bei einer damaligen Einwohnerzahl von 397.767. Wie die Schätzungen der beiden Herren zustande kamen, ist heute wohl nicht mehr nachzuvollziehen, immerhin gab es damals zwar diverse Ausschweifungen, jedoch keine sexuelle Offenheit im öffentlichen Diskurs.
Unter den unzähligen Prostituierten stach eine soweit hervor, dass noch heute der eine oder andere ihren Namen kennt: Theresa Berkley. Die 1836 verstorbene Besitzerin eines der bekanntesten Bordelle Londons war die wohl berühmteste „Governess“ (Domina) ihrer Zeit. Sie wurde sogar als „Königin ihrer Profession“ bezeichnet. Ihre Begabung in der Keuschhaltung, Nadelung und Flagellation wurde vor allem von den wohlhabenden (aristokratischen) Männern und Frauen hoch geschätzt.
Und Berkley war gut ausgerüstet. Zu ihrem Inventar gehörten aller Art Peitschen, Rohrstöcke, neunschwänzige Katzen, Ruten etc.pp. Vor allem wird ihr die Entwicklung des nach ihr benannten Berkley-Pferdes zugesprochen. Diese besondere Prügelbank versprach u.a. Züchtigung und Verwöhnung sowohl von hinten als auch von vorn. Ein Highlight für alle Anhänger des Sadomasochismus.
Wie Berkley indes zu ihrer Profession fand, ist nicht überliefert. Interessant aber, dass ihr Bruder in Australien als Missionar wirkte. Bis zu ihrem Tod wusste er nicht, was seine Schwester so trieb. Erst als er ihr beträchtliches Erbe erhalten sollte, erfuhr er davon und schlug es entsetzt aus.
Wissenswertes am Rande
Wahrscheinlich eher selten Thema im Deutschunterricht: auch einer der bedeutendsten deutschen Dichter des 19. Jh. suchte regelmäßig und aus Überzeugung Bordelle auf. Gemeint ist der Schöpfer des Buchs der Lieder, Heinrich Heine (1797 – 1856).
Quellen:
– „Eros, Ehe, Hosenteufel – Eine etwas andere Sittengeschichte“, München 1998
– Seite „Theresa Berkley“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 27. August 2015
Hier geht’s zum
1. Teil der Reihe: „Das „Nymphia“: Bordell der Superlative eröffnet 1899“
3. Teil: „Ninon de Lenclos – Kurtisane und Urmutter der Galanterie“
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