Christdemokraten und Springerpresse machen wieder Stunk und schĂĽren Vorurteile
Sexarbeitende in Deutschland wehren sich derzeit gegen die Ideen aus der Unionsfraktion. So fordern die Christdemokraten mal wieder ein bundesweites Sexkaufverbot. Aus der Mottenkiste kommen Forderungen der CDU und CSU nach einem nordischen Modell, bei dem Sexarbeiterinnen theoretisch ihre Dienste anbieten dürfen, aber Kunden sich strafbar machen würden. U.a. wird das (übrigens gar nicht einheitliche) Modell vom Berufsverband erotische und sexuelle Dienstleistungen e.V. zurückgewiesen. Bordelle und andere Prostitutionsstätten wären in diesem Modell generell verboten, was für die meisten Sexarbeitenden keine sinnvolle Lösung darstelle, heißt es.
Der VorstoĂź kam dieses Mal von CSU-Politikerin Dorothee Bär, die sich fĂĽr eine neue Rechtslage aussprach. Sie bemängelt, dass nur wenige Sexarbeitende sozialversicherungspflichtig beschäftigt seien und fordert MaĂźnahmen, um Frauen vor der Prostitution zu schĂĽtzen. Bär zufolge ginge das nur ĂĽber ein Verbot sexueller Dienstleistungen. „„Alles ist besser, als was jetzt ist“, so die stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Was die Union in der neu befeuerten Debatte allerdings völlig auĂźen vor lässt, ist ihr enormer Anteil an der aktuellen Gesetzgebung. So war sie im Kabinett Merkel III maĂźgeblich am seit 2017 geltenden und bereits in der Entstehung weitreichend kritisierten Prostituiertenschutzgesetz beteiligt.
Anders als die heute in der Opposition sitzende Union sieht das die Vertretung der Sexdienstleister:innen. Die geringe Anzahl sozialversicherungspflichtiger Beschäftigter in der Branche sei BesD-Sprecherin Johanna Weber zufolge auf die Arbeitsbedingungen zurückzuführen, da viele Sexarbeitende oft unterwegs sind und es schwer wäre, für jede neue Arbeitsstelle einen Anstellungsvertrag zu machen. Weber bekräftigte gegenüber der Deutschen Presseagentur (hier), dass sich die Sexarbeitenden durch die aktuellen Vorschläge der Unionsfraktion nicht geschützt fühlten und stattdessen Maßnahmen zur Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen fordern.
SchĂĽtzenhilfe bekommt die konservative Fraktion wie derzeit sehr häufig von Seiten der Springerpresse. In die Bresche der Abolitionist:innen springt Welt-Redakteur Frederik Schindler. Der selbsternannte Experte zum Thema Sexarbeit feuert in seinem reiĂźerischen Text „Deutsche Prostitutionspolitik gescheitert – Ruf nach Sexkaufverbot wird laut“ ein hundertfach widerlegtes Ressentiment und Vorurteil nach dem anderen heraus. Auf Twitter behauptet er einem Kritiker gegenĂĽber sogar, sich schon viele Jahre mit dem Thema beschäftigt zu haben. Seine Expertise habe er auch durch Gespräche mit aktiven und ehemaligen Prostituierten erlangt (hier). Dass der 30-jährige Schindler erst 2021 sein Volontariat bei der WELT beendete (zur Vita), scheint er hier wohl irgendwie vergessen zu haben.
Die Verbindungen von WELT und BILD zu abolitionistischen Gruppierungen und Personen wie Solwodi, Alice Schwarzer, Leni Breymeier und Co. sind seit Jahren äußerst fest. Dass sich Frederik Schindler von diesen framen lassen hat und in Wahrheit in seinen Artikel nur wenig eigene Recherche und journalistische Sorgfalt einfließen ließ, ist nach der Lektüre mehr als naheliegend.
Bleibt also zu hoffen, dass der neuerliche Ruf nach Kriminalisierung der Freier und Prostituierten, ein sommerliches Schreckgespenst bleibt…
Wer übrigens an guter politischer Arbeit und ehrlicher Auseinandersetzung mit dem Thema Sexarbeit interessiert ist, dem sei die Veranstaltung „Volt – Violance against Sex Workers“ empfolen. Mehr dazu hier.
rde