Warener FDP regt Repression der örtlichen Sexarbeiterinnen an

Stadtvertreter Toralf Schnur erklärt Prostitution in der Kreisstadt als „offenkundig illegal“

Protitution ist in Deutschland eine legale und akzeptierte Arbeit. Naja, zumindest sollte es gemäß der Gesetzgebung so sein. Leider setzen sich immer wieder einzelne Parteifunktionäre, Kommunalpolitiker, Behörden, selbsternannte Menschenrechtler etc.pp. darüber hinweg und torpedieren mit ihrer Haltung das geltende Prostitutionsgesetz.

Am 1. Oktober legte der Warener Stadtvertreter Toralf Schnur (FDP) einen Beschlussantrag vor, mit welchem er die „Ausübung der Prostitution auf dem Gebiet der Stadt Waren (Müritz)“ bekämpfen will. Im Wortlaut heißt es:

Beschlussempfehlung:

Die Stadtvertretung möge beschließen:

1. Die Stadtvertretung beauftragt den Bürgermeister, nach Möglichkeiten zu suchen, der offenkundig illegalen Prostitution auf dem Gebiet der Stadt Waren (Müritz) entgegenzuwirken, hierbei soll insbesondere geprüft werden, ob bspw. die Ausweisung von Standorten für die Ausübung legaler Prostitution als geeignetes Mittel zur Bekämpfung der illegalen Prostitution hilfreich wäre.

2. Die Stadtvertretung beauftragt den Bürgermeister, vor dem Hintergrund der Prüfung entsprechend Nummer 1 vorsorglich nach geeigneten Standorten für die Ausweisung von Gebieten/Bereichen zu suchen, die die legale Prostitution auf dem Gebiet der Stadt Waren (Müritz) ermöglichen würde.

3. Die Stadtvertretung beauftragt den Bürgermeister, einen schriftlichen Bericht spätestens bis zum 30.11.2014 vorzulegen, der die Möglichkeiten der Bekämpfung der illegalen Prostitution auf dem Gebiet der Stadt Waren (Müritz) aufzeigt.

Was indes mit „offenkundig illegaler Prostitution“ gemeint sein soll, bleibt indessen unklar. Vermutlich ist diese Formulierung ganz bewusst so gewählt worden, um die Dringlichkeit einer Standortausweisung aller örtlichen Sexarbeiterinnen (Wohnungsprostituierten) zu verstärken. Ganz dem Motto: „Raus aus dem Stadtgebiet, damit euch auch ja niemand sehen kann.“ Freie Berufsausübung wird in Waren also nicht uneingeschränkt gutgeheißen.

In Waren ist Prostitution erlaubt

Betrachtet man die Info des Nordkuriers, wonach es 1992 einen Beschluss der Stadtvertretung gegeben habe, der keine gewerbliche, betriebliche Prostitution zulasse (ein solcher Beschluss ist im Netz leider nicht auffindbar), dann müsste aber jegliche Sexarbeit in der 21.000-Einwohner-Stadt illegal sein. Was versteht Schnur folglich unter legaler Prostitution?

Wie dem auch sei. Dieser Beschluss aus den 90ern kann heute aber keinen rechtlichen Bestand haben. Punkt 1: das Prostitutionsgesetz. Punkt 2: die Landesverordnung über das Verbot der Prostitution vom 30. Juni 1992. Letztere besagt:

Aufgrund von Artikel 297 Abs. 1 und 2 des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch (EGStGB) vom 2. März 1974 (BGBl. I S. 469), zuletzt geändert durch Anlage I Kapitel III Sachgebiet C Abschnitt II Nr. 1 des Einigungsvertrages vom 31. August 1990 (BGBl. II S. 889) in Verbindung mit dem Gesetz vom 23. September 1990 (BGBl. II S. 885), verordnet die Landesregierung:

§ 1

Zum Schutz der Jugend und des öffentlichen Anstandes wird für das gesamte Gebiet von Gemeinden mit bis zu 15.000 Einwohnern verboten, der Prostitution

nachzugehen.

§ 2

Die der Landesregierung erteilte Ermächtigung zum Erlaß von Rechtsvorschriften nach Artikel 297 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EGStGB für Gemeinden mit mehr als 15.000

Einwohnern und nach Artikel 297 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 EGStGB wird auf den Innenminister übertragen.

§ 3

Diese Verordnung tritt am Tage nach ihrer Verkündung in Kraft.

Keine Sperrbezirksverordnung und dennoch soll Sexarbeit illegal sein?

Was die Stadt Waren jedoch nicht hat ist eine Sperrbezirksverordnung. Demnach ist die Ausübung der Prostitution hier von Grund auf erstmal legal! Was soll die Beschlussvorlage also? Wem nützt sie? Warum etwas kriminalisieren, das eigentlich legal ist? Letztendlich ist das doch nur eine Verschwendung von Arbeitszeit, Ressourcen und Steuergeldern.

Ein weiterer Betrachtungspunkt ist die Vergnügungssteuersatzung vom 21. April 2004 (am 01.01.2015 in Kraft getreten). Darin ist zwar die Prostitution nicht namentlich betroffen, sehr wohl aber wird Sexarbeit aber angeschnitten. Da heißt es z.B.:

§ 1 Steuergegenstand

Der Besteuerung unterliegen die im Gebiet der StadtWaren (Müritz) veranstalteten nachfolgenden Vergnügungen (Veranstaltungen) gewerblicher Art:

2. Schönheitstänze, Schaustellungen von Personen, Sexdarbietungen und Darbietungen ähnlicher Art;

§ 6 Steuersatz

(1) Bei der Besteuerung nach der Höhe des Entgeltes(§ 5 Abs. 1) beträgt der Steuersatz 10 % des Entgeltes.

(2) Die Steuer nach § 5 Abs. (2) beträgt je Veranstaltung und angefangene zehn Quadratmeter Veranstaltungsfläche

b) 5,20 € für Schönheitstänze, Schaustellungen von Personen und Darbietungen gemäß § 1 Nr. 2;

Was berechtigt eine Kommune also Vergnügungssteuer auf Sexdarbietungen zu erheben, während man das dahinterstehende Gewerbe eigentlich ächtet und kriminalisiert? Und mal ehrlich: Wie sollen denn die paar wenigen Prostituierten in Waren die Jugend und den öffentlichen Anstand gefährden?

Im September 2013, nach seiner klaren Wahlniederlage um den Bürgermeisterposten hat Toralf Schnur, damals noch FDP-Landesvorstand, gegenüber dem Nordkurier gesagt:“Wenn mein Stil und meine Inhalte nicht gewünscht sind, kann ich nicht einfach so weitermachen. Ich weiß mir nicht anders zu helfen, als meine politischen Ambitionen komplett oder zumindest in großen Teilen zu den Akten zu legen. Das ist eine Totalkapitulation.“ Anlässlich Schnurs neuesten, unsinnigen Antrags, frage ich mich, was ihn bewogen hat, seine politischen Ambitionen nicht komplett niederzulegen.

rmv

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