Zwangsprostitution: Neuer Gesetzentwurf von CDU/CSU und FDP

Oppositionsparteien und unabhängige Sachverständige lehnen Petition ab

Am Freitag ging im Bundestag ein ein 16-Stunden-Sitzungs-Marathon zu Ende. Als Ergebnis kam dabei unter vielen weiteren Beschlüssen ein „Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung des Menschenhandels und Überwachung von Prostitutionsstätten heraus. Federführend die Fraktionen von CDU/CSU und FDP.

Mit Hilfe jenes Gesetzentwurfes, der auch auf Grundlage Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Europäischen Rates vorgelegt wurde, soll also die Zwangsprostitution in Deutschland eingedämmt werden. Dazu soll zum einen das Gewerberecht verändert werden. Genauer: §38 der Gewerbeordnung wird erweitert. So müssen sich Bordellbetreiber dann bereits bei der Gewerbeanmeldung einer sogenannten Zuverlässigkeitsprüfung unterziehen. „Prostitutionsstätten“ gelten sodann als in „den Katalog der überwachungsbedürftigen Gewerbe“ aufgenommen. Im Wortlaut heißt es:

„Bei den Gewerbezweigen […]

7. Betrieb von Prostitutionsstätten

hat die zuständige Behörde unverzüglich nach Erstattung der Gewerbeanmeldung oder der Gewerbeummeldung nach § 14 die Zuverlässigkeit des Gewerbetreibenden zu überprüfen. Zu diesem Zweck hat der Gewerbetreibende unverzüglich ein Führungszeugnis nach § 30 Abs. 5 Bundeszentralregistergesetz und eine Auskunft aus dem Gewerbezentralregister nach § 150 Abs. 5 zur Vorlage bei der Behörde zu beantragen. Kommt er dieser Verpflichtung nicht nach, hat die Behörde diese Auskünfte von Amts wegen einzuholen. Die zuständige Behörde kann im Fall der Nummer 7 den Gewerbebetrieb von bestimmten Auflagen abhängig machen, soweit dies zum Schutz der Allgemeinheit, der Kunden, der Prostituierten oder der Bewohner des Betriebsgrundstücks oder der Nachbargrundstücke vor Gefahren, erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen erforderlich ist.“

Zum anderen soll Artikel 232 „Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung“ des Strafgesetzbuchs geändert werden. Dann wird Absatz 3, Punkt 1 wie folgt lauten:

„Auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren ist zu erkennen, wenn das Opfer der Tat eine Person unter achtzehn Jahren ist.“

Bislang bezieht sich der Punkt nur auf Kinder unter 14 Jahren.

Die Oppositionsparteien SPD, Grüne und Linke lehnten das Gesetz als völlig unzureichend ab. Gleichwohl wurde es von Sachverständigen im Rechtsausschuss, wozu u.a. die Vorsitzende von SOLWODI DeutschlandLea Ackermann, die Vorstandsvorsitzende von TERRE DES FEMMES, Irmingard Schewe-Gerigk oder Kriminaldirektor Carsten Moritz gehören, einhellig abgelehnt. (Die einzelnen Stellungnahmen sind auf der Seite des Deutschen Bundestags zu lesen.)

Wenn man bedenkt, dass das alles ist, was in punkto „Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung“ neugeregelt wurde (Änderungen zu den anderen Formen des Menschenhandels sind ja im hiesigen Blog weniger von Interesse, weshalb sie hier jetzt auch nicht auftauchen), ist das schon echt nachlässig. Nicht sonderlich erstaunlich, wenn einige Oppositionelle dies als Witz oder „verlogene Regelung“ betiteln. Änderungs- bzw. Erweiterungsvorschläge wurden von der Koalition abgeschmettert. Jene der Grünen aber auch vom Rechtsausschuss. Schon das 2012 von den Bündnisgrünen erarbeitete sehr umfangreiche Papier fand nicht den Weg in die Gesetzgebung.

Warum CDU/CSU und FDP keine Änderungsentwürfe des Aufenthaltsgesetzes (z.B. ein bedingungsloses Aufenthaltsrecht für Zwangsprostituierte aus Drittstaaten, wie es auch Frau Ackermann fordert) erarbeiteten, und die entsprechenden Vorschläge der Grünen ablehnten ist nicht nachvollziehbar. Gerade die CDU sieht das Prostitutionsgesetz als gescheitert an und schreit förmlich nach Nachbesserung. Und jetzt …? Weder was zum Aufenthaltsrecht von ausländischen Opfern, noch die häufig geforderte Bestrafung von Freiern, die um das Zwangsverhältnis der Prostituierten wüssten, noch jene immer herausposaunte Wunschneuregelung, wonach Prostitution rechtlich erst ab 21 Jahren erlaubt sein soll (die Paradoxie in Bezug auf die Altersangaben im Prostitutionsgesetz und Strafgesetzbuch – mal 18, mal 21 Jahre – haben wir ja hier im Blog schon einige male angesprochen).

Lustig wird’s, wenn die CDU/CSU-Fraktion in ihrem Bericht schreibt:

„Die von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN geforderte Bestrafung von Freiern, die um das Zwangsverhältnis der Prostituierten wüssten, sei eine bereits lange erhobene Forderung der Fraktion der CDU/CSU, für die bereits ein Gesetzentwurf vorliege. Sie begrüße daher die jetzige Initiative. Diese Fragen müssten in der nächsten Wahlperiode aufgegriffen werden.“

In der nächsten Wahlperiode also. Warum nicht gleich? Wie auch immer man zu der einen oder anderen Maßnahme stehen mag und welche Änderung letztendlich beschlossen wird, Gesetzentwürfe in Häppchenform bringen nun denkbar wenig.

Gleiches gilt ja für obigen Entwurf. Ob es den Bundesrat passieren kann, ist fraglich. Der Bundesrat, der in dieser Woche darüber entscheidet, ist nämlich mit einer rot-grünen Mehrheit besetzt. Ein Scheitern des Entwurfs ist also nicht ausgeschlossen.

rmv

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