Erotikführer nun doch vom ProstschG betroffen?

Anwalt.de sagt ja und erklärt, in Hamburg gelte die Erlaubnispflicht zum Betrieb eines Prostitutionsgewerbes auch für Kontaktanzeigenportale.

Laut eines kürzlich veröffentlichten Beitrags auf Anwalt.de, werde die „Erlaubnispflicht zum Betrieb eines Prostitutionsgewerbes“ nun auch für Escort-Agenturen und – jetzt kommts – für Erotikportale gelten. Wie Rechtsanwalt Jochen Jüngst LL.M. erklärt, zumindest einmal in Hamburg. Anscheinend hätte sich die zuständige Behörde der Hansestadt darauf geeinigt. Jüngst schreibt:

„Ob Kontaktanzeigenportale im Internet, auf denen Prostituierte Werbeanzeigen schalten können, Prostitutionsvermittler sind, ist noch nicht abschließend geklärt. Die zuständige Behörde in Hamburg betrachtet solche Anzeigenportale als Prostitutionsvermittler. Betreibern von Kontaktanzeigenportalen in anderen Bundesländern wird empfohlen, sich bei ihrer zuständigen Behörde zu informieren, ob sie hier als Prostitutionsvermittler angesehen werden und demnach eine Erlaubnis benötigen.“

Woher kommt seine Erkenntnis? Offensichtlich aus dem am 27.10.2017 auf hamburg.de/prostitution/ veröffentlichten „Merkblatt für das Prostitutionsgewerbe in Hamburg – Erteilung einer Erlaubnis nach § 12 Prostituiertenschutzgesetz (ProstSchG)“. Darin steht folgendes geschrieben:

„Ein Prostitutionsgewerbe betreibt, wer gewerbsmäßig Leistungen im Zusammenhang mit der Erbringung sexueller Dienstleistungen durch mindestens eine andere Person anbietet oder Räumlichkeiten hierfür bereitstellt, indem er, wer […] eine Prostitutionsvermittlung betreibt“

Dieser Passus stammt allerdings nicht aus § 12 sondern aus § 2 Absatz 3 des ProstSchG!
In Absatz 7 steht überdies weiter: „Prostitutionsvermittlung ist die Vermittlung mindestens einer anderen Person zur Erbringung sexueller Dienstleistungen außerhalb von Prostitutionsstätten des Betreibers. Dies gilt auch, wenn sich lediglich aus den Umständen ergibt, dass zu den vermittelten Dienstleistungen auch sexuelle Handlungen gehören.“

Bis jetzt muss man sich als Erotikführer nicht angesprochen fühlen. Doch im nächsten Satz des Merkblatts heißt es:

„Prostitutionsvermittlung: „Betreiben Sie z.B. mehrere Web-Site oder Escort-Agenturen zur Prostitutionsvermittlung müssen Sie für jede einzelne Web-Site oder Escort-Agentur einen Antrag erstellen.“

Hier weicht das Merkblatt mit seiner Interpretation vom ProstSchG ab. Streng genommen findet man dort nicht einmal einen Hinweis zu Escort-Agenturen – da ist eben (nur) die Rede von „Prostitutionsvermittlung“. Dies wird hingegen in den Begründungen und Erläuterungen zum ProstSchG, veröffentlicht im Gesetzentwurf vom 07.07.2016, nachgeholt. ADoch auch da ist nirgends die Rede von „Websites“. Zu lesen ist folgendes:

Zu § 1
Der Begriff Prostitutionsgewerbe ist als umfassender Oberbegriff zu verstehen und erfasst neben Prostitutionsstätten in den unterschiedlichsten Ausprägungen auch die gewerbliche Vermittlung entgeltlicher sexueller Kontakte sowie das Betreiben von Prostitutionsfahrzeugen und die Durchführung von Prostitutionsveranstaltungen.

Zu § 2 Absatz 3
Der Begriff „Prostitutionsgewerbe“ wird in diesem Gesetz als Oberbegriff für alle Betriebsarten und Geschäftsmodelle gewerblicher Tätigkeit im Bereich sexueller Dienstleistungen mit Ausnahme der eigentlichen Tätigkeit als Prostituierte oder Prostituierter eingeführt. Darunter fallen Tätigkeiten im organisatorischen Umfeld genauso wie im Bereich der Anbahnung der Prostitution, wie z. B. die Vermittlung sexueller Dienstleistungen […]

Zu § 2 Absatz 7
Eine Prostitutionsvermittlung betreibt, wer in gewerblicher Form gezielt Personen mit dem Ziel der Erbringung sexueller Dienstleistungen vermittelt; darunter fällt gegenwärtig beispielsweise der Betrieb eines Escortservice. Unter Einbindung in eine gewerbliche Vermittlung bieten Prostituierte u. a. an, einen Abend unter Einschluss sexueller Kontakte in Begleitung des Kunden oder der Kundin zu verbringen oder sie werden z. B. in Hotels oder Wohnungen beim Kunden oder der Kundin als sogenannte Callgirls oder Callboys tätig. Nicht notwendig ist, dass bereits im Voraus feststeht, ob und welche sexuellen Handlungen mitvereinbart sind. Dabei ist anhand des Gesamtbilds der konkreten Umstände zu ermitteln, ob die Kunden oder Kundinnen der Vermittlung annehmen dürfen, dass zu den über die Vermittlung angebotenen Dienstleistungen der vermittelten Person auch sexuelle Handlungen gehören, falls sich dies nicht bereits aus der Beschreibung der zur Vermittlung angebotenen Dienstleistung ergibt.

Zu § 16 Absatz 1
Die Vorlage eines Betriebskonzepts ist nicht nur für das Ausüben einer Prostitutionsstätte, sondern auch für das Ausüben einer Prostitutionsvermittlung, für die Organisation und Durchführung von Prostitutionsveranstaltungen und für das Bereitstellen eines Prostitutionsfahrzeugs erforderlich.

Website hin oder her, es geht um Prostitutionsvermittlung. Diese findet bei gängigen Erotikportalen im eigentlichen Sinne aber gar nicht statt. Allein schon weil weder Kontakte zu Freiern hergestellt, noch irgend welche Vertragsverhältnisse mit diesen eingegangen werden. Auch werden keine Vermittlungsprovisionen an irgend jemanden gezahlt. Per Definition aus dem Unternehmensrecht müssten „Kontaktanzeigenportale“ wie bspw. Rotlicht-MV.de dann als unternehmerisch betriebene Agenturen gelten. Die wäre einzig im Sinne einer Werbeagentur richtig. Nur dann müsste Inserate in Printmedien (Zeitungen) ebenfalls als Vermittlung ansehen und letztere unter das ProstSchG fallen…

Aber gucken wir doch noch einmal nach Hamburg: Im Merkblatt (wie auch im „Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis nach § 12 Prostituiertenschutzgesetz (ProstSchG)“) ist aufgeführt, dass die notwendigen „Angaben zum Betrieb einer Prostitutionsvermittlung (außerhalb von Prostitutionsstätten des Betreibers)“ als Vordruck auf hamburg.de/prostitution/betreiber abrufbar sei. Vielleicht werden wir jetzt ja schlauer…

Doof nur, dass es bis heute (Stand 15.11.2017) keinen solchen Vordruck gibt! Was nun? In der oben zitierten Erläuterung zum ProstSchG heißt es ja: „Die Vorlage eines Betriebskonzepts ist nicht nur für das Ausüben einer Prostitutionsstätte, sondern auch für das Ausüben einer Prostitutionsvermittlung […] erforderlich.“
Gut, dann also zum Hamburger Vordruck für ein Betriebskonzept. Nicht gut: dieser ist für Prostitutionsvermittlungen völlig unbrauchbar. Dort sind ausschließlich auf Betriebsstätten zugeschnittene Fragestellungen zu finden.

FAZIT:

Es bleibt abzuwarten, wie die Hamburger Behörden weiter verfahren. Sollten Erotikführer am Ende doch unter die gesetzlichen Bestimmungen fallen (eine bundesweite Ausweitung inbegriffen), wäre das nicht nur eine weitere Farce dieses Gesetzes, sondern auch ein weiterer Schritt hin zum langsamen und systematischen Ausbluten des Rotlichtgewerbes.

rmv

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