Neues vom Prostituiertenschutzgesetz

Vom ĂŒberarbeiteten Referentenentwurf, Schwesigs „zurĂŒckrudern“ und den 4. Frankfurter Prostitutionstagen

Eine Überarbeitung des Prostituiertenschutzgesetzes ist raus: am 25. November hat das Bundesfamilienministerium den neuen „entbĂŒrokratisierten“ Entwurf an die betroffenen Ministerien zur Ressortabstimmung verschickt. Wer glaubt, das Ministerium um Frau Manuela Schwesig, hat Einsicht ob der gravierenden MĂ€ngel gezeigt, der wird eines besseren belehrt. Denn der neue Referentenentwurf ist alles andere als ein Kompromiss oder ein ZurĂŒckrudern. Auch wenn diverse Medien was ganz anderes behaupten. So spricht man bspw. beim SĂŒddeutschen Rundfunk von „EntschĂ€rfungen“ der Anmelde- und Beratungsvorschriften fĂŒr Prostituierte. Und zu Wort kommen dann noch bzw. nur bekannte Prostitutionsgegner wie die Unionspolitiker Nadine Schön und Marcus Weinberg, welche dreist behaupten der ĂŒberarbeitete Entwurf wĂŒrde „“Gerade in diesen Zeiten, in denen Menschenhandel und Missbrauch von FlĂŒchtlingsfrauen zunimmt“, Schutzelemente fĂŒr Prostituierte einschrĂ€nken. Was – entschuldigung – fĂŒr ein DĂŒnnschiss!!

Auch „Die Welt“ lĂ€sst sich zu einer Stammtischpolemik hinreißen und meint, das Familienministerium habe den Entwurf, „in dem es um den Schutz der 200.000 bis 250.000 in der legalen Prostitution beschĂ€ftigten Frauen und MĂ€nner geht,“ radikal zusammengestrichen. Wieder wird CDU-Mann Weinberg zitiert: „MenschenhĂ€ndler, ZuhĂ€lter und Bordellbetreiber werden sich angesichts der neuen Regelungen freuen.“ 
 neben Durchfall kommt mir jetzt auch noch die Galle hoch, wenn ich so einen Schmarrn lese.

Die Bundestagsabgeordnete Silvia Pantel erklĂ€rt in einer Pressemitteilung Ähnliches: „Mit ihrem Verhalten geht die SPD der Sexindustrie und ihren LobbyverbĂ€nden auf den Leim und gefĂ€hrdet die schutzbedĂŒrftigen Prostituierten.“ Laut Pantel widerspreche das nun vorgelegte Gesetz den zwischen Union und SPD politisch vereinbarten Eckpunkten. Sie wirft der SPD vor, vor der Sexindustrie „völlig eingeknickt“ zu sein. Nun wĂŒrden „der Ausbeutung und Gewalt in der Prostitution TĂŒr und Tor geöffnet!“
Meine Forderung: Ob dieses dreisten LĂŒgengebĂ€udes, sollte man Schön, Weinberg und Pantel von all ihren Ämtern entbinden!

Aber was steht denn im neunen Entwurf selbst?. Leider ist er bisher noch nicht öffentlich einsehbar. Dona Carmen hat aber schon ein paar Punkte aufgefĂŒhrt.

– Wiederholung der verpflichteten Anmeldung nur noch alle 4 Jahre
– bundesweite Geltung
– Versagung der Anmeldebescheinigung bei Schwangerschaft
– Ausweitung des Werbeverbots
– Ausschluss aus der Prostitution (nur noch) bei mangelnder EinsichtsfĂ€higkeit“

Sobald uns der Entwurf vorliegt, werden wir ihn online Stellen/verlinken und kommentieren.

4. Prostitutionstage

Nur einige Tage bevor das Familienministerium seine Überarbeitung an den Koalitionspartner einreichte, fanden in Frankfurt am Main die mittlerweile 4. Prostitutonstage statt (13. – 15. November). Selbstredend stand auch dort das ProstSchG im Vordergrund.
Redner und Themen waren:

– Wildkatze
Sexarbeiterin aus Freiburg
„Wie das ‚Prostituierten-schutzgesetz‘ meinen Alltag in der Sexarbeit verĂ€ndert.“

– Juanita Rosina Henning
Sprecherin von Doña Carmen e.V.
„Prostituiertenschutzgesetz – Gesetz zum Schutz vor Prostitution und Migration“

– Ortwin Passon
Wissenschaftlich-humanitÀres Komitee
„Sexdienstleistende und der Freier als Feinde – Zwischen legaler Arbeit und Feindstrafrechts-Debatte in Deutschland“

– Christine Nagl
Mitarbeiterin der Beratungsstelle PIA in Salzburg/Österreich
„Repression und Widerstand – Erfahrungen im Kampf fĂŒr die Rechte von Sexarbeiter/innen“

– Fraences
Sexarbeiterin aus Frankfurt
„Medizinische Zwangsberatung – Schritte auf dem Weg zur Psychiatrisierung von Sexarbeit“

– Dr. Valentin Landmann
Rechtsanwalt und Buchautor aus ZĂŒrich
„Wie das Thema ‚Organisierte KriminalitĂ€t‘ in der Auseinandersetzung um Prostitutionspolitik missbraucht wird.“

– Prof. Dr. Wolfgang Ayaß
UniversitÀt Kassel
„Asoziale‘ und ‚Gemeinschaftsfremde‘ – Zum Umgang mit Prostitution im Nationalsozialismus“

– Podiumsdiskussion
„Rechte fĂŒr Sexarbeiter/innen, Anerkennung der Sexarbeit – eine Utopie?“

– Dr. Matthias Stiehler
Gesundheitsamt Dresden
„Gesundheitsschutz und neue deutsche Prostitutionsgesetzgebung – Das Ende der Freiwilligkeit?“

– Meinhard Starostik
Richter am Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin
„Registrierung, Hurenpass und Datenschutz – Möglichkeiten rechtlicher Gegenwehr“

Bei Dona Carmen war man so freundlich, drei der gehaltenen Reden online zu stellen (siehe hier). Interessant auch das Gedankenspiel von „Wildkatze“, die ihren Arbeitsalltag in einer Zukunft beschreibt, in der das ProstSchG bereits gĂŒltig ist (auch auf voice4sexworkers.com veröffentlicht).

rmv

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