Bundesfamilienausschuss fragt sich: „Sexkauf bestrafen“?

Unionsantrag wird ohne Sachverständige des Bundesverband Sexuelle Dienstleistungen diskutiert

Heute findet im Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend die öffentlichen Anhörung zum CDU/CSU-Antrag „Menschenunwürdige Zustände in der Prostitution beenden – Sexkauf bestrafen“ statt.

Der Antrag, den die beiden christdemokratischen Parteien so oder so ähnlich alle Jubeljahre in die Ausschüsse bringen, wurde auch dieses Mal von unterschiedlichen Verbänden und Sachverständigen kritisiert. Zuletzt nahm der Deutsche Städtetag in einem ausführlichen Schreiben Stellung. Darin kam man zu dem Schluss, dass die wesentlichen Inhalte des Antrags nicht geeignet, teils sogar kontraproduktiv seien, „um die Verhältnisse rund um den Bereich

Zusammenfassend kam der kommunale Spitzenverband zu dem Schluss:

„Wir befürchten bei einem Sexkauf-Verbot, das bewährte, vertrauliche Kontakte der Sexarbeitenden mit Hilfsstrukturen in den Städten dadurch gefährdet würden. Wir sprechen uns nicht generell gegen derartige neue Überlegungen aus und sind durchaus der Ansicht, dass hier keine Denkverbote aufgestellt werden sollen. Teilaspekte – etwa polizeiliche Ressoucen anpassen – erscheinen sinnvoll.

Für den derzeitig richtigen Weg halten wir derzeit, dass die bisherige Gesetzgebung, so wie in § 38 ProstSchG vorgesehen, evaluiert und dementsprechend voraussichtlich noch verbessert werden sollte. Hierbei müssen auch Aufwände der Kommunen und in Folge die Konnexität mit beleuchtet werden. Die Evaluation hat im Juli 2022 begonnen. Den fertigen Evaluationsbericht wird das BMFSFJ bis zum 1. Juli 2025 dem Deutschen Bundestag vorlegen.“

Heute hat auch der BSD, der Bundesverband Sexuelle Dienstleistungen, eine Pressemitteilung herausgegeben. Darin teilt Geschäftsführerin Stefanie Klee ihre Sorge, dass diverse Verbände sowie auch ihr Verband selbst nicht in den Kreis der Sachverständigen für die Anhörung eingeladen wurden. Klee fragt sich, ob man „bewusst“ Bordellbetreiber*innen ausschließen und somit „Realitäten verzerren“ wolle.

Im Folgenden die PM „Redet mit uns! – Redet mit uns!“:

Heute, Montag, den 23.9.2024 findet im Bundesfamilienausschuss die Anhörung
zum Thema „Sexkauf bestrafen“ statt. Grundlage ist der von der CDU/CSU
Fraktion eingebrachte Antrag „Menschenunwürdige Zustände in der Prostitution
beenden – Sexkauf bestrafen“.

Ziel ist die Einführung des sog. Nordischen Modells, wonach

– Kunden von Sexarbeiter*innen kriminalisiert und bestraft werden – zumindest mit einem Bußgeld,
– Sexarbeiter*innen davon besonders betroffen sind, weil sie nur noch allein
arbeiten dürfen, sie ihre Kunden nur noch im Abseits, an dunklen Ecken
treffen können und ihre Verhandlung und Sicherheit eingeschränkt
werden,
– Sexarbeiter*innen ihre Wohnung verlieren können,
– Sexarbeiter*innen das Sorgerecht für ihre Kinder verlieren können,
– migrantische Sexarbeiter*innen abgeschoben werden können und
– alle Bordelle geschlossen werden. Diese bieten Sicherheit und Transparenz gegenüber den Behörden. Hier erfahren Sexarbeiter*innen Unterstützung durch ihre Kolleg*innen und Professionalität.

Wir, aber auch andere Verbände der Prostitutionsstätten, wurden nicht als Sachverständige eingeladen, obwohl ein mögliches Sexkaufverbot unsere Mitglieder hauptsächlich treffen würde. Will man bewusst Bordellbetreiber*innen ausschließen, um so die Realitäten zu verzerren und zu verfälschen? Um unwidersprochen weiter Lügen über die Sexarbeitsbranche zu verbreiten?

Das ist nicht nur undemokratisch, sondern auch höchst paternalistisch. Aber damit wird auch eine Chance vertan, mit den tatsächlich Betroffenen ins Gespräch zu kommen und deren Berichte von ihren Lebens-und Arbeitsbedingungen, also die Realität zu hören.

Während in anderen Wirtschaftsbereichen Verbände, Betroffene und sonstige Experten in Meetings, Arbeitsgruppen und Anhörungen zu Wort kommen, wird hier auf stur gestellt. Wir fordern: www.redet-mit-uns.de!

Eine ausführliche Stellungnahme des Fachverbandes zum Unionspapier gibt es im Übrigen hier.

Darin erkennt der BSD u.a.: „Entgegen einem Sexkaufverbot ist es vor allem jetzt wichtig, der Rechte aller Beteiligten zu stärken und endlich eine Gleichstellung mit anderen Erwerbstätigen und Gewerbetreibenden zu erreichen.“

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