Danke Clemens Meyer fĂĽr die klaren Worte

Literaturpreisträger plädiert für mehr Respekt und Autonomie

Anlässlich der erneut aufgekommenen, unsäglichen Prostitutionsdebatte hat sich auf Welt.de nun auch der Autor Clemens Meyer zu Wort gemeldet. Meyer machte auf der diesjährigen Frankfurter Buchmesse auf sich aufmerksam, nachdem er in seinem neuesten Roman „Im Stein“ eben jenes kontrovers diskutierte Gewerbe portraitierte.

Auf Welt.de plädiert der mehrfach ausgezeichnete Schriftsteller für die Autonomie der Sexarbeiterinnen, für einen Umgang mit dem Thema ganz ohne den Gebrauch veralteter Klischees, für Respekt für jene Frauen. Das alles lässt die öffentlich geführte Debatte häufig vermissen. Allen voran deren Wortführer: Schwarzer, Uhl und Co..

„Respekt. Ist uns der Respekt abhandengekommen? Wollen wir nur noch verallgemeinern? Pauschalisieren? Wollen wir Zahlen und Prozente ĂĽber die Menschen stĂĽlpen? Neunzig Prozent, wo kommt das her? Lasst bitte die Frauen sprechen. Warum hören wir nicht mehr zu?“, schreibt Meyer und kritisiert die den Sexarbeiter/innen auferlegte Opferrolle, deren konsequente EntmĂĽndigung durch die Fraktion der Prostitutionsgegner.

Schon allein der Ton, den der Leipziger anschlägt, zeugt von mehr Kompetenz. Und fähig ist er durchaus, nicht nur schriftstellerisch. Auch ĂĽber das Thema weiĂź er bescheid. In einem Interview erklärte er mal, er habe ĂĽber 15 Jahre an „Im Stein“ gearbeitet, recherchiert und „Ohren und Augen offen gehalten“. Ob jene Politiker, die Prostitution nur allzu gern verbieten wĂĽrden, wirklich differenzierte Kenntnisse ĂĽber das Milieu besitzen, ob sie wirklich mehr wissen, als deren gefährliche Stammtischpolemik hergibt, darf hingegen stark angezweifelt werden – siehe WĂĽrstchenbuden-Argument.

Clemens Meyer muss jedenfalls Dank ausgesprochen werden. Dank fĂĽr seine klaren Worte, dank fĂĽr seine Emanzipation.

Abschaffung von Ehe, Arbeit …

Was mich bei der ganzen Debatte am meisten stört, ist die permanente Gegenüberstellung oder gar Gleichsetzung von Prostitution mit Zwangsprostitution. Was bitte soll das? Na gut, was das Ziel ist, ist mir klar. Aber wer bitte glaubt das? Oder: Warum sollte das Vorkommen von Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung ein Grund für ein Prostitutionsverbot sein? Gleiches gilt in Bezug auf das Aufkommen von Kriminalität (gleich welcher Art) innerhalb des Milieus.

Mir bleibt auch die Spucke weg, sehe ich mir (weitaus gesichertere) Zahlen zu folgenden Themen an :

  • Zwangsheiraten
  • Gewalt (Vergewaltigungen) innerhalb der Ehe
  • Schwarzarbeit im Baugewerbe
  • Kinderarbeit in Entwicklungs-/Schwellenländern
  • Ausbeutung von Arbeitskräften, Bezahlung weit unter Tarif
  • Straftaten jeglicher Art aufgrund von Trunkenheit
  • Herstellung und in Umlauf bringen von Falschgeld
  • Kindersoldaten in Entwicklungsländern
  • Kinderpornografie
  • Kindstötungen kurz nach ungewollten Schwangerschaften
  • … die Liste ist lang.

Bei gleicher Argumentation, mĂĽsste danach ja auch die Ehe, die sozialversicherte und versteuerte Arbeit, oder Schwangerschaften verboten werden. Bedenkt man wie viele Straftaten deutschlandweit im Umfeld von Diskotheken begangen werden, wäre eine SchlieĂźung sämtlicher Clubs die einzige Lösung. Das Militär mĂĽsste umgehend abgeschafft werden – zumal: aus humanistisch pazifistischer Sicht wäre das sogar eine reale Forderung. Und beim Thema Pornografie vertreten ja bereits diverse sexualfeindliche Konservative ein ähnliches Argumentationsmuster wie das in Bezug auf Prostitution. Nur: ĂĽberall gibt es Falsch-…, Schwarz-… oder Zwangs-…(bitte ein Wort nach Belieben einfĂĽgen). Das lässt sich leider nicht verhindern.

rmv

Nach oben scrollen