Bordell-Werbung gesetzlich verbieten?

Pro-Argumente sind unausgegoren und greifen zu kurz

Die Diskussion rund um Sexarbeit und Co. hat viele Facetten. Häufig wird sie aber schlicht nur auf der Basis „Sexarbeit verbieten oder nicht“ geführt. Auf ka-news.de kommentiert M. Wehrhahn die Debatte und fordert ausschließlich Bordell-Werbung gesetzlich zu verbieten. Wehrhahns Forderung mag auf den ersten Blick zwar bereichernd für jene wiedererstarkte Debatte sein, ihre zugrunde liegenden Argumente sind es aber weniger.

So vergleicht sie Bordellreklame vor allem mit Zigarettenwerbung:

„Seitdem Zigarettenwerbung und Rauchen in Gaststätten verboten wurde, ist die Sucht in Deutschland zurückgegangen. Das zeigt doch, dass sich Laster durch gesellschaftlichen Boykott durchaus auf ein erträgliches Maß begrenzen lässt“, schreibt sie. Durch ein Werbe-Verbot würde somit auch die Prostitution an Attraktivität verlieren.

Doch der Vergleich hinkt. Denn der Konsum von Tabakwaren ist tatsächlich ein Laster, weil schwer gesundheitsschädigend (auch für Passivraucher), abhängig machend, und das Krankenkassesystem belastend. Gleiches kann man über Sex nicht sagen. Argumente wie Geschlechtskrankheiten, etwaige psychische und psychosoziale Belastungen für die Prostituierten etc. (welche Wehrhahn aber auch gar nicht aufführt) müssen hingegen in einem anderen Kontext als im Vergleich mit Tabakkonsum gesehen werden.

An anderer Stelle sagt sie:

„Dass Zuhälter zusehends arme, junge Mädchen ausnutzen, um selbst das große Geld zu scheffeln, könnte allerdings die vielleicht bestialischste Form des Kapitalismus sein.“

Dass Menschen andere, junge Menschen ausnutzen, um selbst das große Geld zu scheffeln, ist beileibe nicht auf das Rotlichtgewerbe beschränkt. Das findet man leider in allen Wirtschaftsbereichen. Was die Autorin hingegen meint ist Zuhälterei. Allerdings ist dieser Punkt vom Strafgesetzbuch [Besonderer Teil (§§ 80 – 358) / 13. Abschnitt – Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung (§§ 174 – 184g)] geregelt. Im Artikel 181a „Zuhälterei“ heißt es:

(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer

1. eine andere Person, die der Prostitution nachgeht, ausbeutet oder

2. seines Vermögensvorteils wegen eine andere Person bei der Ausübung der Prostitution überwacht, Ort, Zeit, Ausmaß oder andere Umstände der Prostitutionsausübung bestimmt oder Maßnahmen trifft, die sie davon abhalten sollen, die Prostitution aufzugeben,

und im Hinblick darauf Beziehungen zu ihr unterhält, die über den Einzelfall hinausgehen.

(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer die persönliche oder wirtschaftliche Unabhängigkeit einer anderen Person dadurch beeinträchtigt, dass er gewerbsmäßig die Prostitutionsausübung der anderen Person durch Vermittlung sexuellen Verkehrs fördert und im Hinblick darauf Beziehungen zu ihr unterhält, die über den Einzelfall hinausgehen.

(3) Nach den Absätzen 1 und 2 wird auch bestraft, wer die in Absatz 1 Nr. 1 und 2 genannten Handlungen oder die in Absatz 2 bezeichnete Förderung gegenüber seinem Ehegatten vornimmt.

Auf der anderen Seite vermittelt Wehrhahn mit diesem Satz auch irgendwie den Eindruck, Zuhälterei hätte in den letzten Jahren zugenommen. Das ist jedoch stark anzuzweifeln.

Ein wirklich wichtiger, weiterer Punkt beim Thema Werbung wird von ihr komplett ausgelassen. Sie spricht von Werbung, die Bordelle, Laufhäuser, Sexkinos in Innenstädten für sich machen. Was ist aber mit der Werbung/den Inseraten, welche Sexarbeiterinnen in Zeitungen und auf Internetplattformen veröffentlichen? Würden solche Annoncen verboten, dann wären die Prostituierten ihres Einkommens beraubt, ein Arbeiten auf selbständiger, autarker Basis wäre unmöglich.

rmv

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