Warum Forschung zum Thema Sexarbeit oftmals problematisch ist

Zettel mit der Aufschrift "Time to evaluate" auf einem Briefumschlag. Oben auf liegt ein alter schwarzer Wecker.

BesD-Mitarbeiterin Emma Sophie Roe entkräftet Psychologin Melissa Farley

Kennt Ihr noch Melissa Farley? Oder ist euch der Name zumindest mal über den Weg gelaufen? Wenn Ihr euch regelmäßig mit den Pros und Contras zur Sexarbeit auseinandersetzt, sollte das eigentlich der Fall sein. Denn die mittlerweile über 80-jährige Melissa Farley wird immer dann ins Feld geführt, zitiert oder eingeladen, wenn es um die stumpfe Aburteilung von Prostitution und Freiern geht. Ihre vermeintliche wissenschaftliche Expertise wird von Abolitionist:innen seit Jahrzehnten unisono bejaht, medienschaffende drucken Farley Ergebnisse unkritisch ab und der Leser wird mit sexualfeindlicher Sprache geframt. Bis heute hat sich das kaum geändert.

Dabei ist Melissa Farleys Arbeitsweise und deren Studien mehrfach zerrissen worden. Auch hier auf Rotlicht.de haben wir über die Jahre Farleys Arbeiten schon mehrfach hinterfragt. Die neueste Auseinandersetzung mit der amerikanischen Psychologin findet sich nun im Blog des BesD. Unter dem Titel „Die sogenannte Forschung der Melissa Farley“ setzt sich Sexarbeiterin und politischer Mitarbeiterin des BesD, Emma Sophie Roe, kritisch mit dem Thema Sexarbeit in der Forschung auseinander.

Sie gibt zu bedenken, dass Forschende nicht frei davon sind, gesellschaftliche Kontroversen, wie beim Thema Sexarbeit gängig, in ihre Arbeitsweise einfließen und es damit an Objektivität fehlen zu lassen. Roe schreibt, „dass sowohl die forschende als auch die Forschung lesende Person kritisch hinterfragen müssen, ob fundierte Herangehensweisen und Methoden gewählt wurden und sich Mühe gegeben wurde, möglichst objektiv und sachlich an das Thema heranzutreten. Oder ob nur Hinweise für von Stigmatisierung, Sexarbeitsfeindlichkeit oder Sexarbeitsidealisierung geprägte Vorannahmen gesucht und aufgrund dessen auch gefunden wurden.“

Farley wirft sie u.a. vor, neben der Forschung zum Thema Sexarbeit auch sehr aktiv aktivistisch gegen Sexarbeit zu sein, „da sie diese grundsätzlich als Gewalt gegen Frauen sieht“. Sie gehe „ihre Forschung also nicht als Erforschung von Arbeitenden und deren Lebens-und Arbeitsbedingungen an, sondern als Erforschung von Gewalttaten.“ Die Gefahr: Die Amerikanerin selektiert ihre Interviewpartnerinnen einseitig, erwähnt das jedoch nicht in ihren Darstellungen. „Sie erforscht ganz gezielt, mit ihrer sehr sexarbeitsfeindlichen Perspektive, ausgewählt nur die Sexarbeitenden, die unter besonders schwer marginalisierten Bedingungen leben und arbeiten“, schreibt Roe. Dazu nutze Farley eine stark abwertende, verzerrende und framende Sprache. Sie verbreite das Narrativ, „dass Sexarbeit etwas grundsätzlich Gewaltsames und Kunden Gewalttäter seien.“

Nun mögen die Erkenntnisse von Emma Sophie Roe nicht neu sein, aufgrund des Dilemmas, mittels welchem Farley auch heute noch als seriöse Quelle hervorgeholt wird – ganz ähnlich wie jene altbackende, obwohl stets widerlegte Zahl von 400.000 Prostituierten in Deutschland – ist Roes Text enorm wichtig. Darum verweisen wir hier gerne auf den BesD-Blog hin.

Also lest euch den Beitrag in Gänze durch und versteht, was schlechte Wissenschaft über Sexarbeit ausmacht!

Zum Text: Die sogenannte Forschung der Melissa Farley

Eine weitere lesenswerte Auseinandersetzungen mit Melissa Farley hat vor einigen Jahren „Dona Carmen“-Vereinsvorstand“ Gerhard Walentowitz veröffentlicht:
Sind Prostituierte traumatisiert? Eine kritische Auseinandersetzung mit Melissa Farley Walentowitz, Frankfurt, März 2019

red

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