Auch in China, Namibia und Österreich haben es Sexarbeiter/innen nicht leicht
Deutschland sei zum Eldorado für Zuhälter und Bordellbetreiber geworden. Daher müsse die Prostitution hierzulande stärker überwacht und deutlich eingeschränkt werden. So oder so ähnlich lauten oft die Aussagen hiesiger Politiker und Aktivisten. Diversen Mythen wird dazu leider in der Regel mehr Glauben geschenkt als Fakten.
Dass aber mit zweifelhafter Doppelmoral und einem Hang zur Kriminalisierung und Stigmatisierung von Sexarbeiterinnen kein Preis gewonnen werden kann, geschweige denn damit die Arbeits- und Lebensverhältnisse der Betroffenen verbessert werden, steht außer Frage.
6 Milliarden Euro Umsatzverluste
Einen Preis für humanistisches Denken haben auch die Regierungen der chinesischen Millionenstadt Dongguan und der Namibischen Hauptstadt Windhoek nicht verdient. Die Art der ostasiatischen Machthaber, mit dem Thema Prostitution umzugehen, ist ja bereits seit einigen Monaten Gegenstand internationaler Presseberichte. Nach großangelegten und koordinierten Razzien (infolge einer Fernsehreportage eines Regierungssenders) wurden sowohl tausende Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter, Clubbesitzer und Betreiber als auch etliche Amtsträger festgenommen. Angeblich soll es die größte Razzia gegen das Rotlichtmilieu seit Gründung der Volksrepublik gewesen sein.
Die Folge: „Der gesamte Dienstleistungssektor in der Stadt ist zusammengebrochen. Die Razzien sollen Schätzungen zufolge Umsatzverluste von rund 50 Milliarden Yuan verursacht haben, rund sechs Milliarden Euro. Auch Geschäfte, Schönheitssalons, Lokale, Taxis und Supermärkte klagen über heftige Einbußen.“ So schreibt es zumindest der Südkurier auf seinem Onlineportal.
Prostituierte drohen Politikern
In Windhoek läuft es aktuell etwas anders ab. So berichtet die Allgemeine Zeitung der Namibia Media Holdings Pty Ltd. über die geplante Kampagne der Stadtverwaltung folgendes: „Eine Organisation, die sich für die Rechte von Prostituierten einsetzt, hat damit gedroht, prominente Freier aus der Politik zu exponieren, sollte die Windhoeker Stadtverwaltung wie angekündigt verschärft gegen das Sex-Gewerbe in der Hauptstadt vorgehen.“
Genauer heißt es, die Organisation Rights not Rescue Trust (RnRT) habe alle Sexarbeiterinnen dazu aufgerufen, sich die Autokennzeichen von Freiern zu notieren bzw. diese namentlich zu entlarven, solle die geplante städtische Verordnung beschlossen werden, wonach künftig verschärft gegen Prostituierte und deren Freier vorgegangen werden soll. Laut der RnRT-Direktorin sei es nämlich so, dass zu den Freiern häufig gerade jene Politiker und Polizeibeamten gehören, welche nun die Anti-Prostitutions-Kampagne in die Wege leiten.
Die berechtigte Befürchtung der Organisation: „Diese „Kriminalisierung“ der Sexarbeit würde Prostituierten darüber hinaus den Zugang zu Gesundheitsversorgung erschweren und sie daran hindern, sich juristisch gegen Freier zu wehren, von denen sie misshandelt, drangsaliert und ausgenutzt würden.“
Spielplätze als Bordellabwehr
Indes wird in der beschaulichen Steiermark (Österreich) auf ganz andere Weise gegen die Prostitution vorgegangen. Da Prostitution an sich in Österreich legal ist, müssen Kommunalpolitiker und Bürgerinitiativen anders vorgehen. So auch in der Gemeinde Weinitzen. Um die Ansiedlung eines Bordells zu verhindern sucht man fieberhaft nach Lösungen. Laut Informationen von kleinezeitung.at wolle eine örtliche Bürgerinitiative daher extra einen Spielplatz ganz in der Nähe errichten. Leut Gesetz ist nämlich im Umkreis von 50 Meter um einen solchen Spielplatz die Errichtung eines Bordell nicht erlaubt. Ein Anwohner wolle dem Bericht zufolge sogar sein Grundstück dafür opfern.
Wo man auch ist, Prostitution wird als Sündenpfuhl angesehen. Nur leider sind am Ende immer die Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter die Leidtragenden. Und die Rotlicht-Gegner, die sich scheinbar immer nach außen hin als die moralische Instanz schlechthin sehen, agieren mit einer unerträglichen Scheinheiligkeit, einem unreifen Werteverständnis, welchem offensichtlich ein zutiefst konservativ archaisches Verständnis von Sexualität zugrunde liegt.
Umso wichtiger ist es, dass sich aktive und ehemalige Sexworker organisieren und für ihre Menschenrechte eintreten…
rmv